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Handlungs- und produktionsorientierter Deutschunterricht

Handlungs- und produktionsorientiertes Lernen ist ein zentrales Konzept der allgemeinen und der Deutschdidaktik, welches gerade in Bezug auf einen „medienorientierten Deutschunterricht einen besonderen Stellenwert einnimmt“ (Gailberger & Wietzke, 2019; Frederking, Krommer & Maiwald, 2018; Hochstadt, Krafft & Olsen, 2015; Baacke, 1997). Ziel handlungs- und produktionsorientierter Verfahren ist es, die Lernenden aktiv an Rezeptionsprozessen zu beteiligen und sie ganzheitlich zu aktivieren, um eine handelnde Auseinandersetzung mit den Unterrichtsgegenständen anzuregen (Haas, 1997). Dabei entstehen eigene kreative Produkte, über die letztlich ein tiefergehendes Verständnis literarischer Texte oder anderer Unterrichtsgegenstände erlangt werden kann (von Brand, 2016, S. 126).
Um dieses Ziel zu erreichen, setzt handlungs- und produktionsorientierter Deutschunterricht bewusst auf die Realisierung komplexer Lernaufgaben, die auf kognitive und sensuelle Aktivierung, Selbsttätigkeit, intensive Lernprozesse, kooperative Arbeitsformen, Kreativität und die Entwicklung fachspezifischer Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler (u.a. literarisches Verstehen, Sprach-, Lese-, Urteils- und Reflexionskompetenz, Imaginations- und Empathiefähigkeit) abzielen (Hochstadt, Krafft & Olsen, 2015, S. 153).

Literarische Texte bereiten Schülerinnen und Schülern aufgrund ihrer künstlerischen oder sprachlichen Gestaltung, ihrer Dichte und Unbestimmtheit, der in ihnen enthaltenen Leerstellen oder ihrer historischen Eingebundenheit nicht selten Schwierigkeiten. Indem die Schülerinnen und Schüler in handlungs- und produktionsorientierten Verfahren beispielsweise selbst schreibend oder transformierend in Texte eingreifen, tragen sie ihre eigenen Gedanken und Erfahrungen an Originaltexte heran, erweitern oder verfremden diese, füllen Leerstellen, lösen Unklarheiten auf und lernen nicht zuletzt, ihre subjektiven Eindrücke im Austausch mit anderen zu versprachlichen. Ein solchermaßen kreativer und produktiver Zugang zu literarischen Texten und anderen Medien kann die vertiefte Auseinandersetzung mit ästhetischen und sprachlichen Inhalten, Formen und Strukturen und in diesem Sinne das literarische und ästhetische Lernen fördern (Scheiter, 2017, siehe auch Good-Practice Video).

Grundsätzlich geht man davon aus, dass es Schülerinnen und Schüler stärker motivieren und kognitiv aktivieren kann, wenn sie in authentischen, persönlich bedeutsamen und lebensweltlich relevanten Kontexten interagieren, Probleme lösen und dabei kommunikative und individuelle Lernziele erreichen können (Reusser, 2005). Gerade hier können handlungs- und produktionsorientierte Lernarrangements helfen, textanalytische Verfahren durch darstellerische, kreative, experimentelle oder affektive Zugänge zu erweitern. In diesem Sinne kommt handlungs- und produktionsorientierten Unterrichtsverfahren auch im Rahmen der ästhetischen Bildung, als einer der Kernaufgaben des Deutschunterrichts, eine zentrale Bedeutung zu.

Für das Gelingen handlungs- und produktionsorientierter Lernprozesse ist es von zentraler Bedeutung, das Produzieren nicht zum Selbstzweck zu machen (von Brand, 2016, S.126). Nur durch die entsprechende Rückbindung des produktiven Erarbeitens an literarische Textvorlagen (oder andere Unterrichtsgegenstände) und durch die Verschränkung mit analytischen Verfahren können fachspezifische Kompetenzen des Deutschunterrichts gefördert werden.

Damit Schülerinnen und Schüler von solchen herausfordernden Aufgaben nicht überfordert werden, ist eine ausgewogene Unterstützung der Lernprozesse wichtig (Reusser, 2005; siehe auch instruktionale Unterstützung). Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Lernaufträgen und ihren Gegenständen wird etwa unterstützt, indem Lernprozesse in Teilschritte segmentiert und von Reflexionsprozessen gerahmt werden. Als Beispiel für eine solche Phasierung kann hier u.a. das Modell von Kepser (Abraham & Kepser, 2016) herangezogen werden. 


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