Fonctions

Beispiel Reiskornlegende

Das unterschiedliche Wachstum von \(2^n\) und \(n^2\) lässt sich sehr anschaulich anhand der "Reiskornlegende" darstellen:
Einer alten Legende nach lebte einst in Indien ein König namens Sher Khan. Während seiner Regentschaft wurde das Schachspiel erfunden. Der König war von diesem königlichen Spiel so begeistert, dass er den Erfinder zu sich rufen ließ. Als der Erfinder, ein weiser Mann, vor ihn trat, sagte der König, er wolle ihm eine Belohnung geben für diese vortreffliche Erfindung. Er sei reich und mächtig genug, ihm jeden Wunsch zu erfüllen, sei er auch noch so ausgefallen. Der Mann erbat sich einen Tag Bedenkzeit, um über seinen Wunsch nachzudenken.
Als er am nächsten Tag abermals vor den König trat, bat er um ein einziges Reiskorn auf dem ersten Feld des Schachbretts, auf dem zweiten Feld zwei Reiskörner, auf dem dritten vier, auf dem vierten acht, auf dem fünften Feld sechzehn Reiskörner, und immer auf jedem folgenden Feld doppelt so viele Körner wie auf dem vorangegangenen.
Die Berater des Königs begannen schallend zu lachen, weil sie diesen Wunsch für äußerst dumm hielten. Schließlich hätte der Mann sich Gold, Edelsteine, Land oder alles Mögliche andere wünschen können. Der König war verärgert, weil er dachte, der Erfinder halte ihn für zu arm oder zu geizig. Er hatte aber sein Wort gegeben und befahl, ihm den Reis auszuhändigen. Der Weise ging leise lächelnd hinaus, setzte sich an das Palasttor und wartete geduldig auf seine Belohnung.
Abends erinnerte sich König Sher Khan an den seltsamen Wunsch und fragte, ob der Erfinder seine Belohnung schon erhalten habe. Seine Berater wurden nervös und erklärten, dass sie die Belohnung nicht hätten zusammenbringen können, es sei einfach viel zu viel, und die königlichen Speicher würden nicht genug Reis enthalten, um ihn auszuzahlen.
Da wurde der König wütend und schimpfte, sie sollten dem Mann endlich seine Belohnung geben, schließlich habe er es versprochen und das Wort des Königs gelte. Da erklärten seine Berater und der Hofmathematiker, dass es im gesamten Königreich nicht genug Reis gäbe, um den Wunsch des Mannes zu erfüllen, und dass es sogar auf der gesamten Welt nicht so viel Reis gäbe. Wenn er sein Wort halten wolle, müsse er alles Land auf der Welt kaufen, es in Reisfelder verwandeln und sogar noch die Ozeane als Ackerfläche trockenlegen lassen, um genügend Reis anpflanzen zu können.
Der König schwieg verblüfft. Ganz offensichtlich hatten er und seine Berater das Wachstum von \(2^n\) ziemlich drastisch unterschätzt. Nummeriert man nämlich die Felder des Schachbrettes durch von \(1\) bis \(64\), so kommen auf dem \(n\)-ten Feld \(2^{n-1}\) Reiskörner zu liegen.
(Durch Klick auf die Felder können Sie den jeweiligen Potenzwert eines Feldes berechnen.)
Für das gesamte Schachbrett ergibt sich die folgende Anzahl von Reiskörnern:
\(\qquad\)
\(\sum\limits_{n=1}^{64} 2^{n-1} = 1 + 2 + 4 + 8 + \ldots + 2^{62} + 2^{63}\) \( = 2^{64} - 1 = 18\,446\,744\,073\,709\,551\,615\)
Es handelt sich bei \(\sum\limits_{n=1}^{64} 2^{n-1} \) um eine geometrische Summe. Sie kann mit der folgenden Summenformel berechnet werden. Diese und weitere Summenformeln findet man hier.
\(\qquad\)
\(\sum \limits_{n=1}^m{2^{n-1}} = 1+2+4+8+\ldots + 2^{m-1}= 2^m-1\)
\(\sum \limits_{n=1}^{64}{2^{n-1}} = 1+2+4+8+\ldots + 2^{63}\) \(= 2^{64}-1\) \(=18\ 446\ 744\ 073\ 709\ 551\ 615\)
Die Darstellung der Zahl \(18\,446\,744\,073\,709\,551\,615\) ist für die meisten Taschenrechner zu umfangreich. Daher könnte es sein, dass Ihnen dieses Ergebnis beim Nachprüfen auf Ihrem Taschenrechner nicht korrekt angezeigt wird.
Um diese Zahl einzuordnen, wollen wir sie in Gewichtsgrößen umrechnen. Dabei können wir davon ausgehen, dass \(100\) Reiskörner etwa \(3\) Gramm wiegen. Ein Kilo Reis enthält also etwa \(33\,333\) Reiskörner. Damit ergibt sich für die von uns ermittelte Anzahl von Reiskörnern ein Gewicht von ca. \(553\) Milliarden Tonnen Reis.
Um diese Menge wiederum einzuordnen, halten wir fest, dass im Jahr 2006 weltweit etwas mehr als \(600\) Millionen Tonnen Reis geerntet wurden. Es wäre also etwa die gesamte Ernte von 900 Jahren nötig, um den Wunsch des Erfinders des Schachspiels zu erfüllen.
Vergleichen wir die obige Rechnung von \(2^n\) jetzt mit den Quadraten \(n^2\), so berechnen wir die Anzahl der Reiskörner auf dem letzten Feld des Schachbretts mit \(64^2=4096\).
(Durch Klick auf die Felder können Sie den jeweiligen Wert eines Feldes berechnen.)
Um diese Zahl einzuordnen, wollen wir sie in Gewichtsgrößen umrechnen. Dabei können wir davon ausgehen, dass \(100\) Reiskörner etwa \(3\) Gramm wiegen. Damit ergibt sich für die von uns ermittelte Anzahl von Reiskörnern auf dem letzten Feld ein Gewicht von ca. \(120\) Gramm Reis.
Für die Summe aller Felder des Schachbretts gilt:
\(\qquad\)
\(\sum \limits_{n=1}^{64}{n^{2}} = 1+2^2+3^2+4^2+\ldots +64^2= 89\ 440\)
Es handelt sich bei \(\sum\limits_{n=1}^{64} n^{2} \) um eine Summenformel, die wie folgt berechnet werden kann. Diese und weitere Summenformeln findet man hier.
\(\qquad\)
\(\sum \limits_{n=1}^m{n^2} = 1+2^2+3^2+4^2+\ldots + m^2\) \(= \dfrac{m(m-1)(2m+1)}{6}\)
\(\sum \limits_{n=1}^{64}{n^2} = 1+2^2+3^2+4^2+\ldots + 64^2\) \(= 1+4+9+16+\ldots + 4096 \) \(= \dfrac{64\cdot63\cdot 129}{6}=89\ 440\)
Dies entspricht etwas weniger als \(2.7 \ \mathrm{kg}\) Reis.
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