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Parallele Geraden

In diesem Abschnitt wollen wir uns mit der Lage von zwei Geraden (in der Ebene oder im Raum) zueinander beschäftigen.
Definition:
Zwei Geraden \(g_1 = \overrightarrow{o_1} + \lambda \cdot \overrightarrow{q_1}\) und \(g_2 = \overrightarrow{o_2} + \lambda \cdot \overrightarrow{q_2}\)  heißen parallel, wenn \(\overrightarrow{q_1}\) und \( \overrightarrow{q_2}\) kollinear sind.
In der Ebene haben wir die Parallelität von zwei Geraden im Kurs "Geometrie" mithilfe von Stufenwinkeln erklärt. Wir wollen uns zunächst davon überzeugen, dass diese beiden Definitionen zusammenpassen. Dazu betrachten wir im folgenden Bild parallele Geraden \(g_1\) und \(g_2\) mit Richtungsvektoren \(\overrightarrow{q_1}\) und \(\overrightarrow{q_2}\) in der Ebene. Wenn Sie mit der Maus über den Koordinatenursprung fahren, werden Ihnen außerdem die Stützvektoren \(\overrightarrow{o_1}\) und \(\overrightarrow{o_2}\) angezeigt:
Dadurch, dass \(\overrightarrow{q_1}\) und \( \overrightarrow{q_2}\) kollinear sind, stimmen für jede weitere Gerade \(h\), die \(g_1\) und \(g_2\) schneidet, die Stufenwinkel \(\alpha\) und \(\alpha'\) überein. Fahren Sie dafür mit der Maus über den rechten Bereich der Abbildung. (Hinweis: Das Thema Stufenwinkel wird im Kurs "Geometrie" behandelt).
In der Abbildung sind \(\overrightarrow{q_1}\) und \(\overrightarrow{q_2}\) antiparallel. Daher ist \( \overrightarrow{q_2} = r \cdot \overrightarrow{q_1}\) mit einem \(r < 0\).
Ist \(\overrightarrow{p}\) der Richtungsvektor von \(h\), so ist \(\alpha\) der Winkel zwischen \(\overrightarrow{q_1}\) und \(\overrightarrow{p}\) und \(\alpha'\) ist der Winkel zwischen \(-\overrightarrow{q_2}\) und \(\overrightarrow{p}\) (beachten Sie dabei, dass der Winkel zwischen \(\overrightarrow{q_2}\) und \(\overrightarrow{p}\) gleich \(\pi - \alpha'\) ist).
Damit gilt:
\(\qquad \cos(\alpha')=  \dfrac {\left\langle -\overrightarrow{q_2}, \overrightarrow{p} \right\rangle}{\vert \overrightarrow{q_2} \vert \cdot \vert \overrightarrow{p} \vert} = \dfrac {\left\langle (-r) \cdot \overrightarrow{q_1}, \overrightarrow{p} \right\rangle}{\vert r \vert \cdot \vert \overrightarrow{q_1} \vert \cdot \vert \overrightarrow{p} \vert} =  \dfrac {\left\langle \overrightarrow{q_1}, \overrightarrow{p} \right\rangle}{\vert \overrightarrow{q_1} \vert \cdot \vert \overrightarrow{p} \vert}= \cos(\alpha)\)  
Beachten Sie dabei, dass \(r < 0\), dass also \(-r = \vert r \vert\). Dann muss aber auch schon \(\alpha = \alpha'\) gelten. Deshalb stimmen die beiden Stufenwinkel überein, und daher sind \(g_1\) und \(g_2\) auch parallel im Sinne der entsprechenden Definition aus dem Kurs "Geometrie"
Merke:
Zwei Geraden \(g_1\) und \(g_2\) werden auch dann als parallel bezeichnet, wenn sie zusammenfallen, wenn also  \( g_1 = g_2\).
Beispiel:
Zeigen Sie, dass zwei parallele Geraden entweder übereinstimmen oder keinen Punkt gemeinsam haben.
Wir schreiben \(g_1 = \overrightarrow{o_1} + \lambda \cdot \overrightarrow{q_1}\) und \(g_2 = \overrightarrow{o_2} + \lambda \cdot \overrightarrow{q_2}\). Da \(g_1\) und \(g_2\) parallel sind, sind \(\overrightarrow{q_1}\) und \(\overrightarrow{q_2}\) kollinear (und beide von \(\overrightarrow{0}\) verschieden), es gibt also eine Zahl \(c \neq 0\) mit
\(\qquad \overrightarrow{q_2} = c \cdot \overrightarrow{q_1}\)
Ist \(P = (p_1 \, \vert \, p_2)\) ein Punkt, der sowohl auf \(g_1\) als auch auf \(g_2\) liegt, so gibt es Zahlen \(r\) und \(s\) mit
\(\qquad\overrightarrow{r}(P) = \overrightarrow{o_1} + r \cdot \overrightarrow{q_1}, \qquad \overrightarrow{r}(P) = \overrightarrow{o_2} + s \cdot \overrightarrow{q_2}\)
also mit
\(\qquad\overrightarrow{r}(P) = \overrightarrow{o_1} + r \cdot \overrightarrow{q_1}, \qquad \overrightarrow{r}(P) = \overrightarrow{o_2} + s \cdot c \cdot \overrightarrow{q_1}\) 
Das bedeutet aber dann, dass
\(\qquad\overrightarrow{o_1} + r \cdot \overrightarrow{q_1} = \overrightarrow{o_2} + s \cdot c \cdot \overrightarrow{q_1}\)
also dass 
\(\qquad\overrightarrow{o_2} = \overrightarrow{o_1} + (r - s \cdot c) \cdot \overrightarrow{q_1}\)
Das besagt aber gerade, dass \(\overrightarrow{o_2}\) der Ortsvektor eines Punktes von \(g_1\) ist und damit müssen \(g_1\) und \(g_2\) zusammenfallen (da ja \(\overrightarrow{q_1}\) und \(\overrightarrow{q_2}\) kollinear sind).
Damit haben wir nachgerechnet: Gibt es einen Punkt \(P = (p_1 \, \vert \, p_2)\), der sowohl auf \(g_1\) als auch auf \(g_2\) liegt, so stimmen \(g_1\) und \(g_2\) schon überein. Das bedeutet aber auch, dass \(g_1\) und \(g_2\) keinen gemeinsamen Punkt haben, wenn sie nicht übereinstimmen. 
o1o2h1h2
\(\enspace\)