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Abstand von Geraden: Beispiel 1

Wir betrachten die beiden Geraden \(g_1: \overrightarrow{x} = \overrightarrow{o_1} + \lambda \cdot \overrightarrow{q_1} \, \)und \(\, g_2: \overrightarrow{x} = \overrightarrow{o_2} + \lambda \cdot \overrightarrow{q_2}\), wobei
\(\qquad\overrightarrow{o_1} = \left( \begin{matrix} 2 \\ 4 \\ 1 \end{matrix} \right), \quad \overrightarrow{q_1} = \left( \begin{matrix} 1 \\ 1\\ 1 \end{matrix} \right), \qquad \overrightarrow{o_2} = \left( \begin{matrix} 3 \\ 2 \\ 8 \end{matrix} \right), \quad \overrightarrow{q_2} = \left( \begin{matrix} 1 \\ 2 \\ -1 \end{matrix} \right)\)
Offensichtlich sind \(\overrightarrow{q_1}\) und \(\overrightarrow{q_2}\) nicht kollinear. Da sie in der ersten Komponente übereinstimmen (und diese von \(0\) verschieden ist), müssten sie sonst in allen Komponenten übereinstimmen.
\(g_1\) und \(g_2\) müssen darum entweder windschief sein, oder sie schneiden sich in genau einem Punkt. Um das zu entscheiden, verwenden wir nun die Aussagen der vorangegangenen Seite.
Zunächst berechnen wir das Vektorprodukt der beiden Richtungsvektoren:
\(\qquad \overrightarrow{q_1} \times \overrightarrow{q_2} = \left( \begin{matrix} 1 \cdot (-1) -1 \cdot 2 \\ 1 \cdot 1 - 1 \cdot (-1) \\ 1 \cdot 2 - 1 \cdot 1 \end{matrix} \right) = \left( \begin{matrix} -3 \\ 2 \\ 1 \end{matrix} \right)\)
Insbesondere ist das nicht der Nullvektor, wodurch wir noch einmal bestätigt haben, dass die beiden Geraden nicht parallel sind. Damit gilt für das Spatprodukt
\(\qquad \left[ \overrightarrow{o_2} - \overrightarrow{o_1}, \overrightarrow{q_1}, \overrightarrow{q_2} \right] = \left\langle \overrightarrow{o_2} - \overrightarrow{o_1}, \overrightarrow{q_1} \times \overrightarrow{q_2} \right\rangle = \left\langle \left( \begin{matrix} 1 \\ -2 \\ 7 \end{matrix} \right), \, \left( \begin{matrix} -3 \\ 2 \\ 1 \end{matrix} \right) \right\rangle = 0\)
Die Regel besagt also, dass sich die beiden Geraden in genau einem Punkt schneiden. Damit ist 
\(\qquad d(g_1, g_2) = 0 \)
Die Abstandsbestimmung kann natürlich auch ohne Benutzung des Spatproduktes durchgeführt werden. Die erforderlichen Berechnungen sind jedoch ungleich länger. Dazu ist zu berechnen, ob es einen Schnittpunkt der beiden Geraden gibt. Zur Illustration führen wir auch dieses Argument hier aus:
Ein Punkt \(P\) ist ein Schnittpunkt von \(g_1\) und \(g_2\), wenn es Zahlen \(r\) und \(s\) gibt mit
\(\qquad\overrightarrow{r}(P) = \overrightarrow{o_1} + r \cdot \overrightarrow{q_1}, \qquad \overrightarrow{r}(P) = \overrightarrow{o_2} + s \cdot \overrightarrow{q_2}\)
wenn es also Zahlen \(r\) und \(s\) gibt mit
\(\qquad \overrightarrow{o_1} + r \cdot \overrightarrow{q_1} = \overrightarrow{o_2} + s \cdot \overrightarrow{q_2}\)
bzw. mit 
\(\qquad r \cdot \overrightarrow{q_1} - s \cdot \overrightarrow{q_2} = \overrightarrow{o_2} - \overrightarrow{o_1}\)
Komponentenweise geschrieben ergibt das in unserem Beispiel ein Gleichungssystem
\(\qquad \begin{array} {r c r c c} r & - & s & = & \,1 \\ r & - & 2s & =& -2 \\ r & + & s & = & \,7 \end{array}\)
mit augmentierter Matrix
\(\qquad\left( \begin{array} {c c | c} 1 & -1 & 1 \\ 1 & -2 & -2 \\ 1 & 1 & 7 \end{array} \right)\)
Subtrahieren wir die erste Zeile dieser Matrix von der zweiten und von der dritten, wird daraus
\(\qquad\left( \begin{array} {c c | c} 1 & -1 & 1 \\ 0 & -1 & -3 \\ 0 & 2 & 6 \end{array} \right)\)
Multiplizieren wir jetzt die zweite Zeile mit \(-1\), so erhalten wir
\(\qquad\left( \begin{array} {c c | c} 1 & -1 & 1 \\ 0 & 1 & 3 \\ 0 & 2 & 6 \end{array} \right)\)
Subtrahieren wir schließlich die zweite Zeile zweimal von der dritten, so gibt das
\(\qquad\left( \begin{array} {c c | c} 1 & -1 & 1 \\ 0 & 1 & 3 \\ 0 & 0 & 0 \end{array} \right)\)
Dazu gehört das reduzierte Gleichungssystem
\(\qquad \begin{array} {r c r c c} r & - & s & = & 1 \\  & & s & =& 3 \\  &  & 0 & = & 0 \end{array}\)
das offensichtlich lösbar ist, und zwar durch \(s = 3\), \(r = 4\).
Damit erhalten wir einen Schnittpunkt \(P\) mit Ortsvektor
\(\qquad \overrightarrow{r}(P) = \overrightarrow{o_1} + 4 \cdot \overrightarrow{q_1} = \overrightarrow{o_2} + 3 \cdot \overrightarrow{q_2} = \left( \begin{matrix} 6 \\ 8 \\ 5 \end{matrix} \right)  \)
Speziell gilt also auch nach diesen Berechnungen wieder
\(\qquad d(g_1, g_2) = 0 \)
In der 3D-Visualisierung können Sie die Lage der Geraden zueinander betrachten:
\(\enspace\)