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Ebenen und Normalenvektoren

Das Problem bei der Darstellung einer Ebene durch Stütz- und Richtungsvektoren ist die Tatsache, dass diese Darstellung nicht eindeutig ist. So hat etwa die Ebene durch die drei Punkte \(A = ({-3} \, \vert \,{-3} \, \vert \,{-1})\), \(B = (6\,\vert \, 1 \, \vert \, 0)\) und \(C = (3\,\vert \, 4 \, \vert \, 4)\) (wie wir schon gesehen haben) eine Darstellung der Form
\(\qquad E: \overrightarrow{x} = \left( \begin{matrix} -3 \\ -3 \\ -1 \end{matrix} \right) + \lambda \cdot \left( \begin{matrix} 9 \\ 4 \\ 1 \end{matrix} \right) + \mu \cdot \left( \begin{matrix} 6 \\ 7 \\ 5 \end{matrix} \right)\)
\(E\) kann aber natürlich auch durch drei andere Punkte auf dieser Ebene beschrieben werden, z.B.:
\(\qquad E: \overrightarrow{x} = \left( \begin{matrix} 12 \\ 8 \\ 5 \end{matrix} \right) + \lambda \cdot \left( \begin{matrix} 15 \\ 11 \\ 6 \end{matrix} \right) + \mu \cdot \left( \begin{matrix} 3 \\ -3 \\ -4 \end{matrix} \right)\)
Die Beziehung zwischen diesen Darstellungen ist also nicht so offensichtlich wie bei Geraden (wo etwa ein Richtungsvektor ein Vielfaches des anderen sein musste).
Ganz allgemein gilt nämlich: Ist \(E: \overrightarrow{x} = \overrightarrow{o} + \lambda \cdot \overrightarrow{p} + \mu \cdot \overrightarrow{q}\)  eine Beschreibung von \(E\), und setzen wir
\(\qquad\begin{array} {l c c r r c r} \overrightarrow{o'} & = & \overrightarrow{o} & + & r_1 \cdot \overrightarrow{p} & + & r_2 \cdot \overrightarrow{q} \\ \overrightarrow{p'} & = & & & s_{1,1} \cdot \overrightarrow{p} & + & s_{1,2} \cdot \overrightarrow{q} \\ \overrightarrow{q'} & = & & & s_{2,1} \cdot \overrightarrow{p} & + & s_{2,2} \cdot \overrightarrow{q} \end{array}\)
mit reellen Zahlen \(r_1\), \(r_2\), \(s_{1,1}\), \(s_{1,2}\), \(s_{2,1}\), \(s_{2,2}\), wobei \(s_{1,1} \cdot s_{2,2} - s_{1,2} \cdot s_{2,1} \neq 0\)
so ist auch
\(\qquad E: \overrightarrow{x} = \overrightarrow{o'} + \lambda \cdot \overrightarrow{p'} + \mu \cdot \overrightarrow{q'}\)
eine Darstellung von \(E\) mit Stütz- und Richtungsvektoren. Das führt zu vielen möglichen Beschreibungen, deren Beziehungen oft nicht einfach nachvollziehbar sind. 
In unserem Beispiel gilt
\(\qquad\begin{array} {l c l c l c l} \overrightarrow{o'} & = & \overrightarrow{o} & + & \overrightarrow{p} & + & \overrightarrow{q} \\ \overrightarrow{p'} & = & & & \overrightarrow{p} & + & \overrightarrow{q} \\ \overrightarrow{q'} & = & & & \overrightarrow{p} & - & \overrightarrow{q} \end{array}\)
Es gibt also viele Paare von Richtungsvektoren, die eine Ebene beschreiben, es gibt aber nur eine Richtung, die zu dieser Ebene senkrecht steht. Diese Richtung beschreibt der Normalenvektor:
Definition:
Ist \(E: \overrightarrow{x} = \overrightarrow{o} + \lambda \cdot \overrightarrow{p} + \mu \cdot \overrightarrow{q}\) eine Ebene, so heißt der senkrecht auf ihr stehende Vektor
\(\qquad\overrightarrow{n_E} = \overrightarrow{p} \times \overrightarrow{q}\)
Normalenvektor von \(E\) (zur gegebenen Darstellung der Ebene).
Beispiel:
Wir betrachten noch einmal die Ebene \(E\) mit
\(\qquad E: \overrightarrow{x} = \overrightarrow{o} +\lambda\cdot\overrightarrow{p} + \mu\cdot \overrightarrow{q} = \left( \begin{matrix} -3 \\ -3 \\ -1 \end{matrix} \right) + \lambda \cdot \left( \begin{matrix} 9 \\ 4 \\ 1 \end{matrix} \right) + \mu \cdot \left( \begin{matrix} 6 \\ 7 \\ 5 \end{matrix} \right)\)
Daraus ergibt sich der Normalenvektor 
\(\qquad\overrightarrow{p} \times \overrightarrow{q}   = \left( \begin{matrix} 9 \\ 4 \\ 1 \end{matrix} \right) \times \left( \begin{matrix} 6 \\ 7 \\ 5 \end{matrix} \right) = \left( \begin{matrix} 13 \\ -39 \\ 39 \end{matrix} \right)\)
Und wir betrachten die gleiche Ebene \(E\), beschrieben durch drei andere Punkte:
\(\qquad E: \overrightarrow{x} =\overrightarrow{o'} +\lambda\cdot\overrightarrow{p'}+\mu\cdot\overrightarrow{q'} = \left( \begin{matrix} 12 \\ 8 \\ 5 \end{matrix} \right) + \lambda \cdot \left( \begin{matrix} 15 \\ 11 \\ 6 \end{matrix} \right) + \mu \cdot \left( \begin{matrix} 3 \\ -3 \\ -4 \end{matrix} \right)\)
mit dem Normalenvektor
\(\qquad \overrightarrow{p'} \times \overrightarrow{q'}   = \left( \begin{matrix} 15 \\ 11 \\ 6 \end{matrix} \right) \times \left( \begin{matrix} 3 \\ -3 \\ -4 \end{matrix} \right) = \left( \begin{matrix} -26 \\ 78 \\ -78 \end{matrix} \right)\)
Die Normalenvektoren hängen also ab von der Wahl der Richtungsvektoren. In diesem Fall gilt:
\(\qquad \overrightarrow{p'} \times \overrightarrow{q'} = (-2) \cdot \overrightarrow{p} \times \overrightarrow{q}\)
In der 3D-Visualisierung können Sie sehen, dass die Richungsvektoren \(\overrightarrow{p}, \overrightarrow{q}, \overrightarrow{p'}\) und \(\overrightarrow{q'}\) auf der Ebene liegen, während die Normalenvektoren \(\overrightarrow{p} \times \overrightarrow{q}\) und \(\overrightarrow{p'} \times \overrightarrow{q'}\) senkrecht auf ihr stehen:
Merke:
Zu einer Ebene gibt es viele Normalenvektoren. Zwei Normalenvektoren zur gleichen Ebene sind aber immer kollinear, da es nur eine auf dieser Ebene senkrecht stehende Richtung gibt. Deshalb spricht man von ''dem'' Normalenvektor einer Ebene.
Wenn zwei unterschiedliche Darstellungen dieselbe Ebene beschreiben, dann müssen die zu diesen Darstellungen gehörigen Normalenvektoren kollinear sein. Die Umkehrung ist nicht richtig, da zwei Ebenen mit kollinearen Normalenvektoren unterschiedliche Stützvektoren haben können.
Zwei Ebenen \(E_1:\overrightarrow{x} = \overrightarrow{o_1} + \lambda \cdot \overrightarrow{p_1} + \mu \cdot \overrightarrow{q_1}\)  und  \(E_2: \overrightarrow{x} = \overrightarrow{o_2} + \lambda \cdot \overrightarrow{p_2} + \mu \cdot \overrightarrow{q_2}\) stimmen überein, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
  • die Normalenvektoren \(\overrightarrow{n_{E_1}} \) und \(\overrightarrow{n_{E_2}}\) sind kollinear,
  • der Punkt mit dem Ortsvektor \(\overrightarrow{o_1}\) liegt in \(E_2\) (oder äquivalent dazu der Punkt mit Ortsvektor \(\overrightarrow{o_2}\) in \(E_{1}\)).
\(\enspace\)