Wo bleibt das Brennstoffzellenauto?

von Celia Eisele

Energieeffizienz, CO2-Grenzen, Spritsparen: Die Europäische Kommission hat das Auto als Mitverursacher des Klimawandels wiederentdeckt. Autos müssen effizienter werden, so der Wille der Umweltpolitiker. Auch alternative Kraftstoffe wie Biodiesel, Ethanol und Erdgas sind in aller Munde. Um eine weitere Alternative jedoch ist es stiller geworden in den letzten Jahren: die Brennstoffzelle.

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Brennstoffzellenbus in Stuttgart.
Foto: Archiv Stuttgarter Straßenbahnen

Einst wurde sie euphorisch gefeiert, als nahende Lösung des Erdölproblems gepriesen, herrscht heute in der öffentlichkeit häufig Ratlosigkeit: Wo ist sie geblieben, die Retterin von Klima und Autofahrern gleichermaßen? Wann kommt das Brennstoffzellenauto? Und: Kommt es überhaupt, oder gehört es in doch in das Reich der Utopien?

Für Detlef Stolten, Leiter des Instituts für Energieforschung am Forschungszentrum Jülich, ist klar: Die Entscheidung für das Brennstoffzellenauto ist gefallen. Denn auch beim Auto gilt: „Wir müssen mit dem Kohlenstoffdioxid runter, und da ist die Brennstoffzelle eine echte Chance.“

Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sind sich in diesem Punkt einig: Effizienzsteigerung ist wünschenswert, doch alleine wird sie nicht ausreichen, um das Klimaproblem in den Griff zu bekommen. Stattdessen muss es möglich werden, auf lange Sicht ganz auf erdölbasierte Treibstoffe zu verzichten. Motoren, die von Brennstoffzellen angetrieben werden, verursachen keine schädlichen Emissionen, aus dem Auspuff kommt nur harmloser Wasserdampf.

Unbegrenzt verfügbar

Denn Brennstoffzellen nutzen Wasserstoff als Energielieferant. Dieser ist im Gegensatz zum Erdöl in nahezu unbegrenzter Menge überall auf der Welt verfügbar. Die fossilen Energiequellen gehen zur Neige – je nach Szenario mal in naher, mal in fernerer Zukunft. Doch ganz gleich nach welcher Schätzung, auf Dauer werden wir nicht auf sie bauen können. Da scheint es naheliegend, den Fokus auf Wasserstoff zu richten, eines der häufigsten Elemente auf der Erde und das häufigste Element überhaupt im Universum.

Wie funktioniert eine Brennstoffzelle?

In der Brennstoffzelle findet die Umkehrung der Elektrolyse statt, bei der Wasser unter Zuführung von Energie in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt wird. Die Brennstoffzelle wandelt also die beiden Gase Wasserstoff und Sauerstoff in Wasser um und erzeugt aus der dabei frei werdenden Energie elektrischen Strom.

Brennstoffzelle
Schematischer Aufbau und Funktion einer Brennstoffzelle.
Quelle:Solaratlas Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig

Aufgebaut ist die Brennstoffzelle aus drei Teilen: einer negativ geladenen Schicht (Anode), einer positiv geladenen Schicht (Kathode) und einem dazwischen liegenden Elektrolyten, häufig in Form einer Membran. Anode und Kathode sind über einen elektrischen Leiter miteinander verbunden. Der Wasserstoff wird an der Anode in die Brennstoffzelle eingeleitet und spaltet sich dort in positiv geladene Wasserstoff-Ionen (H+) und negativ geladene Elektronen auf. Parallel dazu wird an der Kathode Sauerstoff eingeleitet.
Brennstoffzelle
Ein Brennstoffzellen-Stack.
Foto: Forschungszentrum Jülich
Die an der Anode entstandenen Elektronen werden von der Membran daran gehindert, auf direktem Weg zur Kathode zu wandern und fließen daher über den externen elektrischen Leiter dorthin. So entsteht ein elektrischer Stromfluss. In der Kathodenschicht angekommen, verbinden sich die Elektronen mit Sauerstoffmolekülen. Mit diesen Sauerstoff-Ionen reagieren die an der Anode entstandenen Wasserstoff-Ionen (H+) zu Wasser, nachdem sie die für sie durchlässige Membran in Richtung Kathode passiert haben.
In der praktischen Anwendung werden je nach erforderlicher Leistung mehrere Brennstoffzellen zu sogenannten Stacks in Reihe geschaltet.


Anders als bei fossilen Energieträgern drohen keine Abhängigkeiten von Rohstoffländern, die im Falle des Erdöls häufig in politisch brisanten Regionen liegen. Brennstoffzellen haben einen hohen Wirkungsgrad, sie sind leise und im Vergleich zu anderen Antrieben wartungsarm.

Doch warum gibt es sie noch nicht?

Fragt man nun einen ausgewiesenen Experten wie Detlef Stolten, warum die so vorteilhaften Brennstoffzellen so lange auf sich warten lassen, räumt er zunächst mit überzogenen Erwartungen aus der Vergangenheit auf. Neue Technologien, so sein Argument, lösen oft eine große Euphorie aus, in der eines übersehen wird: Sie stehen in Konkurrenz mit etablierten Technologien, die einen enormen Entwicklungsvorsprung haben. „Die hundert Jahre Vorsprung des Verbrennungsmotors“, so Stolten, „lassen sich nicht so einfach einholen.“

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Wasserdampf statt schädlicher Abgase. Foto: Archiv Stuttgarter Straßenbahnen
Dennoch hält er die von den Automobilherstellern genannten Zeitachsen für einhaltbar. Nissan rechnet mit der Serienreife in 20 Jahren, VW will bis 2020 ein „wirklich wettbewerbsfähiges“ Auto mit Brennstoffzellenantrieb auf den Markt bringen, so der für die Antriebsforschung verantwortliche Wolfgang Steiger. Daimler-Chrysler nennt in seinem Nachhaltigkeitsbericht 2006 das Ziel, gemeinsam mit anderen Herstellern bis zum Jahr 2015 runde 100.000 Brennstoffzellenfahrzeuge verkauft zu haben, und Honda will in Japan und den USA schon nächstes Jahr damit beginnen, Wasserstoffautos an Privatkunden zu verleasen.

Zu Forschungs- und Erprobungszwecken sind bis dato etliche Brennstoffzellenfahrzeuge in Betrieb. In zehn europäischen Städten, darunter Stuttgart und Hamburg, wurden Omnibusse getestet, und auch Privatpersonen können, wenn auch noch keine Wasserstoff-Autos, so doch Brennstoffzellen zum Beispiel für die Stromversorgung beim Campen kaufen. Außerhalb des privaten Bereichs werden die Geräte heute schon als zuverlässige Stromversorger von Messgeräten, Systemen zur Verkehrsüberwachung und als Antrieb in U-Booten geschätzt. Ein mobiles Exemplar mit einer Leistung von 25 Watt ist für etwa 2000 Euro zu haben, für 65 Watt muss man gut das Anderthalbfache berappen.

Herstellungskosten müssen gesenkt werden

Bis die Brennstoffzelle als Automobilantrieb etabliert werden kann, müssen die Forscher und Entwickler noch eine enorme Kostenspanne überwinden. Bei Automobilherstellern gelten für alle Antriebsarten etwa 50 Euro pro Kilowatt in der Großproduktion als wirtschaftlich. Ohne Förderung aus der öffentlichen Hand wird dieser Kraftakt kaum zu schaffen sein.

Dass dies in der Politik verstanden wurde, zeigen die zahlreichen Förderprogramme. So fördert beispielsweise die Europäische Kommission das Projekt „HyChain“, bei dem in vier europäischen Ländern 150 Brennstoffzellenfahrzeuge getestet werden, mit 1,7 Millionen Euro, und die Bundesrepublik hat angekündigt, in den nächsten zehn Jahren 500 Millionen Euro für die Entwicklung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zur Verfügung zu stellen.

Wasserstoffversorgung verlangt eine neue Infrastruktur

Neben den Entwicklungskosten kommt erschwerend hinzu, dass die neue Technologie eine Umstellung der gesamten Infrastruktur erfordert. Während alternative Kraftstoffe wie Biodiesel mittlerweile an vielen normalen Tankstellen getankt werden können, muss für die Wasserstoffversorgung vieles völlig neu entwickelt und gebaut werden, angefangen bei den Zapfsäulen über die Lagerung bis hin zum Transport.

Was nach rein technischen Schwierigkeiten klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Teufelskreis: Einerseits sind die potentiellen Käufer der Brennstoffzellenfahrzeuge auf eine ausreichende Versorgung mit Wasserstoff angewiesen. Bevor diese nicht gewährleistet ist, wird es keine nennenswerten Verkaufszahlen geben. Andererseits besteht kein wirtschaftlicher Anreiz für den Bau der benötigten Infrastruktur, so lange nicht genügend Nachfrage besteht. Vor den Autos müsste die Infrastruktur gegeben sein, aber bevor diese errichtet wird, müssten schon genügend Brennstoffzellenautos unterwegs sein.

Wie kann dieser Kreis durchbrochen werden? „Die Einführung der Brennstoffzellen-Technologie ist kein digitaler Prozess“, betont der Jülicher Forscher Stolten. Wie bei anderen Markteinführungen wird auch im Fall der Wasserstoffautos der Kundenkreis zunächst klein und ausgewählt sein, Stolten spricht von „Premiumkunden“. Nach und nach wird man den Kundenkreis ausweiten. Für sehr wahrscheinlich halten die Automobilhersteller, dass die Fahrzeuge zunächst in Ballungsgebieten und Großstädten Verbreitung finden, wo die Versorgung mit Wasserstoff auf relativ engem Raum durch nur wenige Tankstellen sichergestellt werden kann.

Zuvor jedoch werden sicher noch Hunderte von Versuchsfahrzeugen im Alltagsbetrieb getestet werden. Auf einen genauen Zeitpunkt der Wettbewerbsfähigkeit wollen sich die Hersteller heute nicht mehr festlegen.

Wann man von der Marktreife einer Technologie sprechen kann, ist indessen auch längst nicht so klar, wie es auf den ersten Blick scheint: Häufig werden die Preise von Produkten mit technischen Neuerungen von den Herstellern künstlich niedrig gehalten, so lange sie andernfalls noch nicht wettbewerbsfähig sind. Dann sind die Produkte zwar auf dem Markt, aber erstens mit subventionierten Preisen und zweitens oft nicht für jeden zu haben – Stichwort „Premiumkunden“. Es ist kein Zufall, dass umweltschonende Hybridautos zuerst hauptsächlich von der Prominenz in Hollywood gefahren wurden.

Wasserstoffproduktion problematisch

Die größte Bremse bei der Einführung der Brennstoffzellentechnologie jedoch ist der Wasserstoff selbst. Zwar begegnet er uns ständig in vielerlei Formen, doch niemals allein: Das viel beschworene Element liegt in der Natur nicht ungebunden vor. Um in einer Brennstoffzelle Strom herstellen zu können, muss der Wasserstoff erst einmal selbst gewonnen werden.

Das ist auf viele Weisen möglich, und viele Energiequellen kommen zu seiner Herstellung in Frage: Erdgas, Kohle, Biokraftstoffe und die Elektrolyse durch erneuerbare Energiequellen wie Solar- und Windkraft (siehe Info-Kasten). Auch die Kernenergie kann zur Elektrolyse genutzt werden, aufgrund begrenzter Ressourcen jedoch kaum in größerem Umfang.

Wie wird Wasserstoff hergestellt?

Ein Großteil des in der Brennstoffzellenentwicklung benutzten Wasserstoffs wird aus Erdgas gewonnen. Dabei wird häufig die Dampfreformierung angewendet, die aus zwei Schritten besteht. Im ersten Schritt wird aus Erdgas und Wasserdampf bei Temperaturen über 700 Grad Celsius und unter Einsatz eines Katalysators Wasserstoff, Kohlenstoffmonoxid und Kohlenstoffdioxid erzeugt. Im zweiten Schritt wird das entstandene Kohlenstoffmonoxid mit Wasserdampf in Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid umgewandelt. Anschließend reinigt man den Wasserstoff von anderen Gasen. Die Gasreformierung kann auch in der Brennstoffzelle selbst geschehen, man spricht dann von einer internen Reformierung. Diese Modelle werden nicht mit Wasserstoff, sondern mit Methan betankt. Auch aus Kohle und aus Biomasse wie zum Beispiel Stroh und Holz kann in einem Vergasungsprozess Wasserstoff gewonnen werden. Der Wirkungsgrad der Kohlevergasung ist jedoch geringer als bei der Biomassevergasung und es entsteht zusätzliches CO2. In der Zukunft wird wohl die Elektrolyse eine größere Rolle bei der Produktion von Wasserstoff spielen, denn bei diesem Verfahren entsteht kein CO2. Bei der Elektrolyse wird Wasser unter Energiezufuhr in seine beiden Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Werden dabei regenerative Energiequellen eingesetzt, handelt es sich bei der Elektrolyse um das umweltfreundlichste der momentan angewandten Verfahren zu Wasserstoffproduktion. An weiteren Verfahren wird derzeit noch geforscht. So können Grünalgen und bestimmte Bakterien ebenfalls aus Biomasse Wasserstoff herstellen.


In der chemischen Industrie fällt Wasserstoff als Nebenprodukt bei der Herstellung von Chlor und in Rohölraffinerien an. „Generell gilt“, so heißt es in einer Broschüre des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverbands, „Wasserstoff ist immer so sauber oder nachhaltig wie der Energieträger, aus dem er hergestellt wird.“

Im Moment wird der größte Teil des in der Forschung und Entwicklung verwendeten Wasserstoffs durch Erdgasreformierung gewonnen (siehe Info-Kasten). Dieses ist relativ kostengünstig und für die Versuchsfahrzeuge in ausreichender Menge verfügbar. Es ermöglicht damit den Einstieg und die Entwicklung der Technologie, wird jedoch für einen Umstieg in größerem Rahmen bei Weitem nicht genügen. Bei der Reformierung zu Wasserstoff fällt außerdem das klimaschädliche CO2 an.

Kein ausgearbeitetes Konzept

Derzeit, und das ist eine große Schwachstelle der Brennstoffzelle, kann niemand voraussagen, wie der Wasserstoff in großem Stil produziert werden soll. Dieses Problem steht in einem größeren Zusammenhang. Es gibt momentan kein ausgearbeitetes Konzept für die zukünftige Energieversorgung. Sicher ist nur zweierlei: Das öl wird zur Neige gehen. Und: ohne einen drastischen Wandel in der Energiepolitik wird das von CO2 verursachte Klimaproblem so sehr anwachsen, dass man es kaum mehr handhaben können wird.

Eine Studie des Wuppertal Instituts für Klima, Energie, Umwelt aus dem Jahr 2003 unter der Leitung von Stephan Ramesohl kommt zu dem Schluss, dass es für den Klimaschutz derzeit einen größeren Vorteil bringt, Wasserstoff direkt bei der Stromversorgung einzusetzen, anstatt ihn zum Antrieb von PKW zu verwenden. Sonne, Wind, Wasser und Erdwärme liefern erst einen kleinen Teil der elektrischen Energie. Kritische Stimmen sehen es daher als dringlicher an, Kohlekraftwerke unter dem Einsatz von Wasserstoff zu ersetzen als damit Autos anzutreiben. Professor Stolten dagegen gibt sich entschlossen: „Bei jeder dieser möglichen Energiequellen für die Wasserstoffherstellung wird einem sofort irgendjemand entgegenhalten, sie stehe nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Ich meine, da muss doch etwas getan werden!“

Nach einem Szenario des von der Europäischen Kommission geförderten Projektes „HyWays“ spielen erneuerbare Energiequellen in der Wasserstoffproduktion bis 2030 keine dominante Rolle, sondern die Erdgasreformierung und möglicherweise auch die Kohlevergasung (siehe Info-Kasten) mit anschließender CO2-Speicherung.

Doch auch das Erdgas ist endlich, und die Speicherung von Kohlenstoffdioxid steckt noch in den Kinderschuhen. Es ist also noch vieles offen in der weiteren Geschichte der Brennstoffzellenfahrzeuge.

Dass es eine Erfolgsgeschichte wird, ist für Detlef Stolten sicher: „Die Umstellung auf die Brennstoffzelle bedeutet einen Paradigmenwechsel in der Kraftstoffversorgung.“ Deshalb brauche dieser Prozess Zeit, doch der von den Automobilherstellern angekündigten Zeitrahmen, da gibt sich Stolten zuversichtlich, beruht auf „soliden Abschätzungen.“

Wann Brennstoffzellenfahrzeuge für den Normalbürger erschwinglich sein werden, bleibt abzuwarten. Wer ein ressourcenschonendes Auto fahren möchte, wird bis dahin auf andere Technologien zurückgreifen müssen. Hybridfahrzeuge, Autos mit sparsamen Benzin- oder Dieselmotoren und Modelle mit Erdgastank stehen heute schon zur Verfügung. Pfeil



Weitere Informationen im Netz:

Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband e.V.,
European Hydrogen and Fuel Cell Technology Platform,
Forschungszentrum Jülich: Projekt Brennstoffzelle,
HyChain: von der Europäischen Kommission gefördertes Projekt zum kommunalen Einsatz von Brennstoffzellenfahrzeugen.

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