Faszinierendes China – Reisende berichten
von Stefanie Urano
Mit 9,6 Millionen Quadratkilometern ist es das
drittgrößte Land nach Russland und Kanada und mit
1,3
Milliarden Einwohnern das mit Abstand am stärksten
bevölkerte. Seit einigen Jahren ist es außerdem das
Land,
über das in der Öffentlichkeit am meisten spekuliert
wird:
Die Volksrepublik China. Kein anderes Land hat in so kurzer Zeit ein
vergleichbares Wirtschaftswachstum erlebt. Kaum ein Land besitzt
derzeit eine so hohe Medienpräsenz. Kein Wunder, dass es
neugierige junge Deutsche nach China zieht ...
Foto: S. Petretschek
China ist in – keine Frage. An vielen Schulen ist
es seit
einigen Jahren üblich, dass China ein fester Bestandteil des
Lehrplans ist – egal, ob in Gemeinschaftskunde, Geschichte
oder
Erdkunde. Auch an Volkshochschulen wird es uns ermöglicht, die
chinesische Sprache zu erlernen und in Vorträgen mehr
über
die Kultur zu erfahren.
Was oft aus purer Neugier erwächst, wird schnell zur
Faszination
für das „Reich der Mitte“. Ob nun
Sprachkurs in
Beijing, Praktikum in Qingdao, oder Shopping-Tour in Shanghai: China
zieht jährlich Zehntausende Menschen aus der ganzen Welt an,
die
sich für das dortige Leben interessieren. Darum muss man auch
nicht lange suchen, bis man ein paar China-begeisterte deutsche
Studenten findet. So wie Sarah, Kathrin und Sebastian. Sie alle haben
schon einige Zeit in China verbracht und dort aufregende Erfahrungen
gesammelt.
China kennen lernen
Wer sich für China interessiert, kann sich auf
vielfältige Weise über das Land informieren. Vor
allem die
Internetseiten des Auswärtigen Amtes und des
Bundesministeriums
für Bildung und Forschung informieren ausgiebig und
verlässlich über China. Wem das noch nicht reicht,
der sollte
den Sprung ins Ungewisse wagen und sich seinen ganz
persönlichen
Chinaaufenthalt individuell gestalten. Viele deutsche Firmen haben
mittlerweile einen Sitz in China und vermitteln
Praktikantenplätze
dorthin. Außerdem besteht die Möglichkeit, Kontakt
zu
chinesischen Schulen aufzunehmen und sich für ein Schuljahr in
China zu bewerben. Wer jedoch tiefere und authentischere
Eindrücke
der chinesischen Kultur gewinnen möchte als es uns die Medien
oder
ein reiner Tourismusurlaub erlauben, der sollte zudem ein wenig
Chinesisch lernen und wird in China Dinge erleben, von den er nicht zu
träumen wagt...
Chinesisch für Anfänger
Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene schlagen den Weg
Richtung Osten ein. Wie Sebastian weiß, liegt dies unter
anderem
daran, dass die Grundzüge der chinesischen Sprache anders als
oft
vermutet nicht allzu schwierig zu erlernen sind. Er selbst verbrachte
2006 im Rahmen eines Praktikums zehn Wochen in China. „Eine
komplizierte Grammatik, mit der wir Europäer uns oft schwer
tun,
existiert im Chinesischen nicht. Das Schwierige sind die
Schriftzeichen. Die braucht man zum Snyc b<prechen aber
nicht“. Vor seiner Zeit in China beherrschte er die
chinesische
Sprache nicht, aber schon nach einem vierwöchigen Sprachkurs
vor
Ort konnte er sich mit den Einheimischen verständigen.
Sarah erlebte während eines einjährigen Aufenthalts
an einer
chinesischen Schule ähnliches: Die chinesische
Bevölkerung
erleichtert das Einleben in dem uns zunächst so fremden Land
durch
ihre offene und freundliche Art. „Die meisten Chinesen sind
sehr
gastfreundlich und betrachten Ausländer auch heute noch als
eine
Art Attraktion.“ So bedeutet es für einen Chinesen
einen
großen Prestigegewinn, mit einem Ausländer zu
sprechen.
„Darum streiten sich Chinesen auch oft darum, wenn es darum
geht,
wer einen Europäer zum Essen einladen darf“.
Für die meisten Chinesen ist dies jedoch ein teurer
Spaß:
Zwar haben die drei Jugendlichen erlebt, dass die Lebenshaltungskosten
in China für europäische Verhältnisse
relativ gering
sind. Preise für Essen und Wohnen liegen weit unter dem
europäischen Durchschnitt. „Für den Kauf
einer Wohnung
fallen zirka 30.000 Euro an“, so Sebastian. Allerdings sind
auch
die Löhne dementsprechend niedrig. „Ein
Familienvater, der
300 Euro pro Monat nach Hause bringt, und sich neben einem Fernseher
womöglich sogar ein eigenes Auto leisten kann, gehört
zu den
Topverdienern“.
Trotz der schlechten finanziellen Lage, in der sich einige chinesische
Familien befinden, werden Hilfsbereitschaft und
Verlässlichkeit
groß geschrieben. „Wenn jemand seinen Job oder
seine
Wohnung verliert, wird er kurzerhand bei einem Freund oder
Familienmitglied untergebracht. Das ist normal“, sagt Sarah.
Vom Leben auf dem Lande
Ein großes Problem ist das anhaltende
Ungleichgewicht
zwischen dem industrialisierten Osten und dem überwiegend
landwirtschaftlich geprägten Westen. Das hat vor allem Sarah
hautnah miterlebt, da sie große Teile des Landes von Xining
im
äußersten Westen über Hainan im
Süden bis an die
Ostküste bereiste: „Die Menschen auf dem Land
benutzen zum
Bearbeiten ihrer Felder Geräte und Maschinen, wie wir sie vor
hundert Jahren hatten. Deshalb ist die Feldarbeit nicht nur viel
anstrengender als bei uns, sondern auch vergleichsweise
ineffizient.“
Mehr als die Hälfte der chinesischen Bevölkerung,
rund 800
Millionen Menschen, lebt auf dem Land. Davon sind immer noch zirka 500
Millionen ausschließlich von der Landwirtschaft
abhängig.
Laut Veröffentlichungen der Bundeszentrale für
politische
Bildung macht die Landwirtschaft aber nur noch 13 Prozent des
Brutto-Inlandsproduktes (BIP) aus.
Jedoch gibt es Bestrebungen, das soziale Ungleichgewicht zu reduzieren:
Im Jahr 2005 wurde die Besteuerung der Landwirtschaft abgeschafft, was
für die Bevölkerung bereits eine Erleichterung
bedeutete. Die
Regierung beschloss außerdem, in Zukunft mehrere Milliarden
Yuan
(100 Yuan entsprechen knapp 10 Euro) in Infrastrukturprogramme
für
arme westliche Provinzen zu investieren. Einem Bericht des
Auswärtigen Amtes zufolge soll durch eine gezielte
Förderung
der armen Regionen das Ungleichgewicht weiter reduziert werden, indem
bis 2010 ein Versicherungssystem für die ländliche
Bevölkerung eingeführt wird.
Foto: S. Petretschek
Trotz alledem wird das Ungleichgewicht immer stärker steigen,
da
sind sich die Studenten einig. „Das
Bevölkerungswachstum auf
dem Land ist viel höher als in der Stadt.“ Das liegt
daran,
dass die Ein-Kind-Politik, die 1979 aufgrund von
Versorgungsengpässen eingeführt wurde, auf dem Land
nicht
eingehalten wird, in der Stadt hingegen schon. Dies bedeutet, dass die
Stadtbevölkerung im Vergleich wesentlich schwächer
wächst als die ländliche, die überwiegend
durch Armut
gekennzeichnet ist.
Die Schulbildung kann auf dem Land nicht in gleichem Maße
wachsen
wie in der Stadt, weshalb eine allgemeine Verarmung der
ländlichen
Bevölkerung zu beobachten ist. Diese Entwicklung kann auch
nicht
durch weitere einschränkende Maßnahmen in der
Familienpolitik verhindert werden, da Kinder laut Sarah „oft
die
einzige Altersvorsorge für die Menschen auf dem
Land“
darstellen. Ohne Strom, Wasser oder Abwassersystem bleibt ihnen nur die
eigene Arbeitskraft, um ihr Überleben zu sichern.
Vom Leben in den Städten
Foto: S. Petretschek
Ein Universitätsabschluss stellt für die
Kinder vom Land
meist die einzige Möglichkeit dar, später einmal
eigenes Geld
zu verdienen. Vielen Menschen bleibt diese Chance allerdings auf ewig
verwehrt, da es auf Grund der hohen Bevölkerungszahl quasi
„unmöglich ist, einkommensschwache Familien zu
unterstützen“, so Sebastian. Die Leute
drängen in die
Städte, womit die Überbevölkerung von
Städten wie
Beijing oder Qingdao zu erklären ist.
Einige Städte sind diesem Druck nicht mehr gewachsen. Shanghai
beispielsweise. Die Stadt, die unmittelbar dem Monsunklima ausgesetzt
ist, war jahrelang das Aushängeschild für
chinesischen
Fortschritt und Entwicklung. Heute ist es eine
„verdorbene“
Stadt, wie Sebastian sie nennt, in der man als Ausländer
„über fünf Euro für eine Tasse
Kaffe zahlt und
auch in anderen Bereichen gerne ausgenommen wird“.
Wenn man dann jedoch das Café verlässt, ist die
Armut,
welche die Stadt kennzeichnet, kaum zu übersehen. Frauen
prostituieren sich, Zuhälter und Bettler teilen sich die
Straßen. Menschen sind drogenabhängig, die
Kriminalität
ist die höchste in ganz China. „Was man dort zu
sehen
bekommt, ist mit nichts in Europa vergleichbar“, so die
Studenten.
Ein-Kind-Politik und ihre kuriosen Folgen
Sarah erlebte neben dem sozialen Ungleichgewicht noch weitere
problematische Konsequenzen der Ein-Kind-Regelung: „Diese
Maßnahme schadet auf lange Sicht vor allem den Kindern
selbst, da
sie als Einzelkinder von ihren Eltern
übermäßig
verwöhnt werden und oftmals durch den fehlenden Umgang mit
gleichaltrigen Geschwistern mangelnde Sozialkompetenz
aufweisen.“
Sebastian wunderte sich, dass die Tochter seiner Gastfamilie,
eigentlich als Einzelkind geboren, einen Freund des öfteren
als
ihren „Bruder“ bezeichnete. „Da wir uns
am Anfang
nicht so gut kannten, habe ich mich zuerst nicht getraut, sie zu
fragen, was das zu bedeuten hat.“ Nach einiger Zeit aber
konnte
er sich dann doch dazu durchringen. Er fand heraus, dass befreundete
Kinder und Jugendliche sich untereinander oft als Schwester oder Bruder
bezeichnen, um wenigstens ein wenig familiäre
Atmosphäre zu
schaffen.
Dabei ist das traditionelle Familienverständnis in China
ursprünglich stark ausgeprägt. „Die Familie
stellt eine
Form des Zusammenhalts dar, wie es keine zweite gibt, auch wenn das
Familienverständnis ein anderes ist als bei uns in
Europa“,
erklärt Sarah.
So kommt es beispielsweise häufig vor, dass Kinder ihre Eltern
auf
Grund der großen Entfernungen nur zweimal im Jahr sehen. Dies
liegt vor allem daran, dass eine gute Schulbildung viel kostet und die
meisten Eltern ihr Leben lang hart arbeiten, um die Ausbildung ihres
einzigen Kindes finanzieren zu können. „Dies ist in
ihren
Augen das größte Zeichen ihrer Liebe zu- und ihrer
Unterstützung füreinander“, hat Sarah
festgestellt.
Daher sind die familiären Beziehungen trotzdem sehr eng.
Chinesische Besonderheiten
Natürlich hat jeder neben den allgemeinen
Eindrücken, die
er durch seinen Auslandsaufenthalt gewonnen hat, auch seine ganz
persönlichen Erfahrungen mit der chinesischen Kultur machen
können.
Foto: S. Petretschek
Für Sebastian war es interessant zu erfahren, wie wichtig das
Wort
guanxi, Beziehungen, für die Chinesen ist. „Egal ob
es sich
um Geschäftliches oder Privates handelt, nichts funktioniert
ohne
guanxi.“ Das ist auch der Hauptgrund für die vielen
Geschäftsessen unter Geschäftspartnern oder
Arbeitskollegen;
hier werden guanxi gepflegt. Während seines Praktikums bei der
chinesischen Elektrotechnikfirma Haier durfte Sebastian selbst des
öfteren daran teilnehmen. „Auch wenn das Essen
teilweise
gewöhnungsbedürftig ist, wäre es sehr
unhöflich,
etwas auszuschlagen, weil die Menschen sich in Unkosten
stürzen,
um einem einen Gefallen zu erweisen. Deshalb habe ich alles
probiert.“
Sarah hingegen, die während ihres einjährigen
Aufenthaltes in
China eine Schule, vergleichbar mit einem deutschen Gymnasium,
besuchte, erlebte, wie deutlich die Macht der Kommunistischen Partei
immer noch zu spüren ist. „Lehrer werden
regelmäßig zu Parteischulungen geschickt und gute
Schüler werden sozusagen als Belohnung für ihre guten
schulischen Leistungen eingeladen, der Partei beizutreten.“
Dies
ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Menschen
allgemein
nicht gerne über Politik reden. „Das Thema scheint
sie zu
langweilen. Lieber sprechen sie über alltägliche,
teilweise
oberflächliche Dinge.“
Kathrin bekam die Parteipräsenz noch deutlicher zu
spüren:
Der für uns übliche und nicht mehr wegzudenkende
Zugriff auf
das World Wide Web gestaltete sich für sie nicht immer
einfach. So
gibt es Internetseiten, die in China nicht angeschaut werden
dürfen, weil die Regierung sie für
gefährlich oder
unmoralisch hält. „Ich wollte nur kurz meine Emails
abrufen,
konnte aber nicht auf meinen Account bei AOL zugreifen.
Während
der gesamten Zeit in China war ich per Mail einfach nicht erreichbar.
Da machte sich zum ersten und einzigen Mal die Diktatur
bemerkbar“, schildert Kathrin ihre Erlebnisse kurz nach ihrer
Ankunft in Beijing.
Während ihres Aufenthalts arbeitete sie in einer chinesischen
Schule und bekam dort auch mit, wie chinesische Kinder lernen.
„
Das Lernen einer Sprache besteht für die Schüler
darin,
Schulbücher oder sogar Wörterbücher
auswendig zu
lernen.“ Chinesen fehlt deshalb oft die nötige
Sprachpraxis
und „ihre Sprache scheint gekünstelt.“
Dort, wo sie
war, konnten die Menschen überwiegend kein Englisch, so dass
sie
ihre erlernten Chinesischkenntnisse anwenden konnte, was ihr wie den
beiden anderen nach eigenen Aussagen ganz gut gelang.
Auf Wiedersehen in China!
Alle drei Studenten sind China treu geblieben. Sebastian, der
mittlerweile Technologiemanagement an der Universität
Stuttgart
studiert, hatte sich schon während des Abiturs vor allem mit
den
Energieproblemen in China beschäftigt und möchte auf
jeden
Fall wieder nach China.
Sarah studiert Ostasienmanagement an der Universität Konstanz.
Sie
war ebenfalls schon lange China-interessiert, bevor sie nach dem Abitur
beschloss, ein Jahr dort zu verbringen. Im vierten und fünften
Semester wird sie ein weiteres Jahr in China verbringen.
Kathrin studiert internationale Betriebswirtschaftslehre mit Sinologie
an der Universität Tübingen. Der Studiengang stellt
eine
Kombination aus Chinesisch und Wirtschaft dar. In wenigen Tagen geht
Kathrin im Rahmen eines Auslandssemesters erneut nach China.
Trotz ihrer unterschiedlichen Erfahrungen sind sich die drei einig: Um
sich in China wohlzufühlen und die Kultur verstehen zu
können, ist es unbedingt erforderlich, die chinesische Sprache
zu
können. Sarah hat es so erlebt: „Mit Englisch kommt
man nur
in den Großstädten einigermaßen durch. Um
sich mit der
Bevölkerung verständigen zu können, muss man
die Sprache
können. Sonst bekommt man nur die Hälfte mit
– und das
wirklich Wissenswerte und Interessante geht an einem
vorüber.“
Wirtschaftsleben in China
Chinas Wirtschaftswachstum ist als Folge vieler Skandale und
Entbehrungen in der Vergangenheit zu verstehen. In den frühen
50er
Jahren wurde die Landwirtschaft nach kommunistischem Vorbild
reformiert. Böden wurden kollektiv verwaltet und
bewirtschaftet,
die Industrie und der Handel in den Städten verstaatlicht.
ökonomische und technische Bedingungen für ein
schnelles
Wirtschaftswachstum sollten geschaffen werden, auf die Umwelt wurde
hierbei keine Rücksicht genommen.
Dieser sogenannte „Große Sprung nach
vorn“ der von
dem damaligen Regierungsoberhaupt Mao Zedong angeführt wurde,
führte zu einem extremen Verbrauch an Ressourcen und
Arbeitskräften. Ab 1959 folgten Jahre voller
Hungersnöte
für die chinesische Bevölkerung, in denen
über 20
Millionen Menschen starben.
Erst nach Maos Tod im Jahre 1976 entwickelte die VR China durch eine
schrittweise Reform- und Öffnungspolitik, die sich teilweise
an
westlichen Systemen orientierte, eine eigene Wirtschaftsdynamik.
Für Landwirte und Unternehmer wurden Anreize geschaffen, Waren
und
Dienstleistungen auf dem freien Markt anzubieten, und Eigeninitiative
wurde gefördert. Ziel war es, Wachstum und
Beschäftigung zu
erhöhen.
Nach einigen Rückschlägen, bedingt durch politische
Fehlentscheidungen und Korruption, konnte ab den frühen 90ern
das
Ziel, eine sozialistische Marktwirtschaft aufzubauen, neu formuliert
werden. Der dadurch ausgelöste Wachstumsschub jedoch
führte
zu einer steigenden Nachfrage, die nicht mehr gedeckt werden konnte,
und löste so eine Inflation von 20 bis 30 Prozent aus.
Und China musste sich weiteren Problemen stellen. So hatte die
Umstrukturierung von staatlichen zu privaten Unternehmen eine steigende
Arbeitslosigkeit zur Folge. Das bewirkte wiederum, dass die Menschen
weniger Geld ausgaben und mehr sparten. Außerdem waren
chinesische Banken stark unterkapitalisiert. Die Hauptkreditnehmer aus
dem Inland, meist unprofitable Staatsunternehmen, waren nicht in der
Lage, ihre Kredite zurückzuzahlen. Dies führte Ende
der 90er
Jahre zu der asiatischen Finanzkrise.
Durch eine stärkere Geld- und Zinspolitik sowie durch
Eingriffe
und Regulierungen in bestimmten Branchen gelingt es China heute, das
Wirtschaftswachstum konstant bei knapp unter zehn Prozent zu halten.
Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 1.700 US-Dollar
(knapp
1.300 Euro) ist es zwar das weltgrößte
Entwicklungsland,
wegen seines stetigen Wirtschaftswachstums nimmt China jedoch eine
Sonderstellung unter den Entwicklungsländern ein. Seit etwa
zwei
Jahrzehnten ist es eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen der Welt.
Foto: S. Petretschek
Heute steht nicht mehr so sehr Geschwindigkeit, sondern vor allem
Effizienz und Qualität im Vordergrund der chinesischen
Wirtschaftspolitik. Das Ziel ist es, Qualitäts- und
Produktionsmaßstäbe zu erreichen, die sich an
internationalen Standards orientieren. Chinas Produktionsindustrie ist
mittlerweile die drittstärkste der Welt. China selbst gilt als
viertgrößte Volkswirtschaft. Die Transport- und
Telekommunikationsbranchen boomen. Telefon- und Elektrogeräte
werden in 100 Länder auf der ganzen Welt exportiert.
Die Beziehungen zwischen der EU und China sind sehr dicht. So existiert
eine breite Zusammenarbeit in den Bereichen Handel und
Direktinvestitionen, aber auch im Umweltschutz, im Sozialwesen und beim
Thema Reformen in der Wirtschaft. Im September 2006 wurde auf dem
China-EU-Gipfel in Helsinki (Finnland) außerdem die
beidseitige
Bereitschaft zum Austausch in den Bereichen Energie und nachhaltige
Entwicklung verankert.
Es wurde zudem ein Fünf-Jahres Programm beschlossen, das unter
anderem zum Ziel hat, den Energieverbrauch pro Einheit des BIP um 20
Prozent zu reduzieren. Die Umweltproblematik wurde erkannt und die
Gesetze dementsprechend verschärft. Der Umweltschutz soll
gestärkt, Waldflächen sollen aufgeforstet werden.
Der Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) 2001 ist ein weiterer
Meilenstein auf Chinas Weg, eine der führenden
Wirtschaftsnationen
zu werden. Er ist nicht nur als Verpflichtung Chinas und der
WTO-Mitglieder zu verstehen, China wieder in das Weltwirtschaftssystem
einzugliedern, sondern ist besonders für die chinesische
Bevölkerung ein Zeichen der Hinwendung zur Welt mit
großem
Symbolwert.
Der WTO-Beitritt zog sofort ausländische Investoren an. Heute
hält China mit ca. 1000 Milliarden US-Dollar die
höchsten
Devisenreserven weltweit. Ausländische Unternehmen investieren
auf
stabil hohem Niveau. So wurden 2005 insgesamt 50 Milliarden US-Dollar
investiert. China war damit neben den USA das weltweit attraktivste
Zielland für Direktinvestitionen.