Lachen ist die beste Medizin

von Mareike Schwab

Den grünen Grinsefrosch von Janosch kennt wohl jeder. Bei seinem Anblick muss man automatisch mitlächeln, so ansteckend wirkt das Breitmaulfrosch-Lachen. Dass Lachen andere mitreißt, ist auch gut so. Denn Erwachsene lachen leider viel zu selten, obwohl herzhaftes Gelächter Körper und Seele doch so gut tut. Deshalb: Lach doch mal!

Ein schlimmer Tag ist gleich nicht mehr ganz so schlimm, wenn man über etwas herzlich lachen konnte. Dieser Effekt ist umso größer, je schlechter man sich davor gefühlt hat. Nach einem anstrengenden Tag trifft man sich mit Freunden, redet sich die Sorgen vom Herzen, lenkt sich ab, und irgendwann kommt das Lachen ganz von alleine. Zumindest für kurze Zeit ist alles, was einen zuvor noch bedrückt hat, unwichtig geworden.

Doch das Lachen hat nicht nur einen ablenkenden Charakter, sondern ist sogar gesundheitsfördernd. Während die Erforschung des Lachens lange Zeit Sache der Philosophen und Soziologen war, werden die physiologischen Auswirkungen des Lachens inzwischen von Gelotologen, den Lachforschern, wissenschaftlich untersucht. Dabei wurden einige erstaunliche Eigenschaften des Lachens entdeckt: Lachen baut Stress ab und setzt Glückshormone frei, es ist gut für das Herz-Kreislauf-System, es stärkt das Immunsystem und verringert die Schmerzempfindlichkeit.

„Stress ist ein Hauptkiller von Gesundheit und Wohlbefinden in unserer Zeit“, stellt Lachtrainerin Anne Rauch aus Berlin klar. „Leistungsstress, Umweltstress, Angststress, Zeitstress – darauf sind über siebzig Prozent aller Erkrankungen ursächlich zurückzuführen.“ Wird dieser negative Stress durch eine Lachkur relativiert, sinkt folglich das Erkrankungsrisiko.

Den Anstoß zur wissenschaftlichen Erforschung der heilenden Eigenschaften des Lachens gab die überraschende Erkenntnis, dass Lachen Schmerzen reduziert. In den 70er Jahren wurde bei Norman Cousins, einem bekannten Wissenschaftsjournalisten, eine Wirbelsäulenerkrankung diagnostiziert. Ärzte attestierten ihm nur eine geringe Überlebenschance. Cousins hatte jedoch gehört, dass negative Gedanken auch nachteilige Veränderungen im Körper hervorrufen. Diesen Vorgang wollte er umkehren und beschloss, durch eine positive Grundstimmung eine gesundheitsfördernde Wirkung auf seinen Körper auszuüben. Filme berühmter Komiker, witzige Bücher und seine Freunde animierten ihn zum Lachen, und tatsächlich empfand er nach einigen Minuten Lachkur weniger Schmerzen als zuvor. Diese subjektive Empfindung konnte durch Laborbefunde bestätigt werden, die zeigten, dass der Entzündungsgrad der Wirbelsäule durch die selbstverordnete Lachtherapie nachgelassen hatte. Allmählich wurde Norman Cousins wider Erwarten gesund. Seine Erfahrungen über die gesundheitsfördernden Eigenschaften des Lachens schrieb er in seinem Buch „Der Arzt in uns selbst“ nieder.

Lachforschung als belächelte Wissenschaft

Selbstverständlich betrachteten viele Mediziner Cousins Wunderheilung mit Skepsis und schrieben sie anderen Faktoren als dem Lachen zu. Dennoch war das Interesse der Forscher am Lachen geweckt und die Gelotologie entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten zu einer ernsten und ernstzunehmenden Wissenschaft. Der erste Lachforscher, Professor William F. Fry, wurde von seinen Kollegen noch offen belächelt, als er 1964 das erste Institut zur Humorforschung gründete und es mangels Forschungsgeldern selbst finanzierte. Heute ist er die unangefochtene Nummer Eins in diesem Forschungsgebiet. HumorCare Deutschland, die deutsche „Gesellschaft zur Förderung von Humor in Therapie, Pflege, Pädagogik und Beratung“ freut sich, ihn als Ehrenmitglied in ihrem Verein zu haben.

Michael Titze
Michael Titze, Humorexperte: 
Therapeutischer Humor gegen Krankheiten.
Foto: Michael Titze

Inzwischen gibt es in fast allen westlichen Ländern Vereinigungen, in denen sich die Fachleute der Humorforschung organisiert haben. HumorCare selbst wurde von einigen Mitgliedern des seit 1996 alljährlich stattfindenden Basler Humor-Kongresses ins Leben gerufen, allen voran Diplom-Psychologe Michael Titze aus Tuttlingen. Titze stellt klar: „HumorCare beschäftigt sich nicht mit Unterhaltungshumor wie beispielsweise Witzen, sondern mit therapeutischem Humor, wie er vor allem in der Psychiatrie angewandt wird. Aber das ‚Care’ schließt auch andere karitative Richtungen mit ein, beispielsweise die Klinikclowns.“ Und auch die Lachclubs, die sich in Deutschland und der ganzen Welt immer größerer Beliebtheit erfreuen, sind inzwischen bei HumorCare vertreten.

Am Anfang der Lachforschung standen aber nicht die therapeutischen Anwendungsmöglichkeiten des Lachens, sondern die Wissenschaftler dokumentierten einfach die physiologischen Auswirkungen. Was genau beim Lachen passiert, kann jeder zum Großteil am eigenen Körper erfahren. Wer lauthals lacht, der atmet nur noch stoßweise. Man hat zwar manchmal das Gefühl, dabei nicht richtig Luft zu bekommen, doch in Wahrheit nimmt man viel mehr Sauerstoff auf als bei normaler Atmung. So werden Muskeln und Gehirn optimal mit Sauerstoff versorgt, außerdem wird der Stoffwechsel angeregt.

Dass Lachen anstrengende körperliche Arbeit ist, davon zeugt spätestens der Bauchschmerz nach einem anhaltenden Lachkrampf. Denn beim ausgiebigen Lachen sind nicht nur die Gesichtsmuskeln involviert, sondern insgesamt über hundert Muskeln verschiedener Körperbereiche. Doch der Begriff „Lachkrampf“ ist irreführend, „sich vor Lachen schütteln“ trifft es wesentlich besser, denn beim Lachen werden die Muskeln gelockert.

Durch die großflächige körperliche Aktivität kommt es anfangs zu einem raschen Anstieg des Blutdrucks. Jedoch scheint der Körper über unbekannte Schutzmechanismen zu verfügen, denn „totgelacht“ hat sich noch niemand. Selbst bei Herzinfarktpatienten ist kein einziger Fall dokumentiert, in dem durch Lachen ausgelöster Bluthochdruck zum Infarkt führte. Ganz im Gegenteil: Regelmäßiges Lachen ist gut für das Herz-Kreislauf-System, denn nach dem anfänglichen Anstieg sinkt der Blutdruck ab und bleibt auch über längere Zeit erniedrigt.

So konnte die Arbeitsgruppe um Michael Miller von der University of Maryland nachweisen, dass Lachen die Arterien entspannt und den Blutfluss beschleunigt. Dazu zeigten die Forscher den Versuchspersonen entweder eine Szene aus „Verrückt nach Mary“ oder aus dem Kriegsfilm „Der Soldat James Ryan“ und maßen anschließend mittels Ultraschall die Weite der Arterien und den Blutfluss. Teilnehmer, die beim Schauen der Komödie ausgiebig gelacht hatten, hatten entspannte Arterien und bis zu 45 Minuten lang einen verbesserten Blutfluss. Durch den emotionalen Stress, den die Kriegsfilm-Gruppe erlebte, verengten sich bei diesen Personen dagegen die Arterien und der Blutfluss verschlechterte sich.


Das Immunsystem lacht mit

Dass Lachen glücklich macht, liegt am Abbau von Stresshormonen und an der gleichzeitigen Ausschüttung von Endorphinen, also Glückshormonen. Zusammengenommen steigert das sowohl die Konzentration als auch die Motivation. Die ausgeschütteten Hormone bewirken auch die veränderte Schmerzempfindlichkeit.

Arme ausbreiten, Kopf in den Nacken, und Lachen – fertig ist das Engelslachen. Foto: Thomas Brade
Arme ausbreiten, Kopf in den Nacken, und Lachen
– fertig ist das Engelslachen. Foto: Thomas Brade

Überraschend ist jedoch die Tatsache, dass beim Lachen auch das Immunsystem angekurbelt wird. Dieser erstaunliche Umstand fesselt immer noch viele Wissenschaftler, obwohl das Gebiet bereits seit 1994 Bestandteil der Lachforschung ist. Damals stellte Dr. Lee S. Berk von der Loma Linda Universität in Kalifornien fest, dass Blutproben von Versuchspersonen, die lustige Filme angeschaut hatten, erhöhte Werte an Antikörpern und Immunzellen aufwiesen. Die Studie wies einen Anstieg der Immunglobulin-A-Antikörper nach, die Viren und Bakterien vor allem im Atmungstrakt bekämpfen. Viel wichtiger war allerdings die Erkenntnis, dass nach dem Lachen mehr Gamma-Interferon (ein Bestandteil der weißen Blutkörperchen) und mehr Killerzellen gebildet wurden. Sowohl Gamma-Interferon als auch die Killerzellen haben eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Viren und von Tumorzellen. Daher besteht unter Gelotologen die begründete Hoffnung, dass sich die Lachtherapie zu einer unterstützenden Behandlungsmethode bei Immunschwächekrankheiten und Krebs entwickelt.

„Viele dieser Befunde sind allerdings wissenschaftlich (noch) nicht ausreichend belegt“, dämpft Humorexperte Michael Titze die Euphorie der Öffentlichkeit. „Die Bevölkerung zeigt großes Interesse an den Ergebnissen der Lachforschung, weswegen die Medien über jede kleine Erkenntnis ausführlich berichten. Das erzeugt den Eindruck von bestätigten Tatsachen, hinter denen in Wirklichkeit nur begründete Vermutungen stehen.“ Das Problem der Lachforschung ist, dass sich simple physiologische Wirkungen des Lachens recht einfach dokumentieren lassen; die Dokumentierung der Signalkaskade, die dadurch im Körper in Gang gesetzt wird, ist dagegen sehr viel schwieriger. WAS passiert, ist also klar, das WIE bereitet dagegen noch Kopfzerbrechen. Allerdings ist die Gelotologie noch ein junges Forschungsgebiet, das in den nächsten Jahren bestimmt noch mit einigen verblüffenden Erkenntnissen aufwartet.


Lächeln, Grinsen, Schmunzeln, Kichern...

Eine große Schwierigkeit bei der Lachforschung ist die Tatsache, dass es 18 verschiedene Arten des Lachens und Lächelns gibt. Nur beim natürlichen Lächeln werden symetrisch beide Mundwinkel nach oben gezogen und es bilden sich Lachfältchen um die Augen. Gezwungenes Lächeln dagegen beginnt immer asymetrisch und erreicht nicht die Augen. Die körperlichen Reaktionen sind sich bei allen Varianten sehr ähnlich, doch dass der Körper zwischen echtem und gekünsteltem Lachen unterscheiden kann, zeigt eine Studie der Zürcher Forschungsgruppe um Willibald Ruch. In ihrem Versuch schauten Probanden Filme von Monty Python oder dem Schweizer Komiker Emil. Danach mussten sie ihre Hand in eiskaltes Wasser tauchen, was mit der Zeit äußerst schmerzhaft wird. Diejenigen, die vom Film nur zu asymetrischem Lachvarianten angeregt wurden, zeigten unverändertes Schmerzempfinden; nur Personen, die während des Films echtes Lachen zeigten, verspürten weniger Schmerz. Dieser Effekt hielt auch noch einige Zeit nach dem Film an. Allerdings ist bislang unklar, welche Faktoren zusammen wirken, um die Schmerzgrenze zu verschieben.

Wichtig für den Effekt des Lachens sind allerdings seine Dauer und seine Intensität. Daher wird unterschieden zwischen dem humoristischen Lachen und dem therapeutischen Lachen. Alltagslachen über Witze, komische Situationen oder im entspannten Freundeskreis bringt subjektives Wohlbefinden. Ein kleiner Sonnenstrahl hat sich in das Alltagsgrau geschlichen. Beim therapeutischen Lachen dagegen wird im Rahmen einer Psychotherapie versucht, dem Patienten eine lebensbejahende Einstellung nahe zu bringen. Lachübungen und Rollenspiele bringen ihn dazu, seine Position in der Gesellschaft neu zu bewerten. Der Patient soll also nicht nur zum Lachen gebracht werden, sondern er soll im Laufe der Zeit seine Lebensfreude zurückerhalten.


Lachen im Club

Madan Kataria und Anne Rauch, Foto: Abdullah Rauch
Beim Weltlachtag trifft sich die Welt: Lachclub-Initiator
Madan Kataria mit Schülerin Anne Rauch.
Foto: Abdullah Rauch

Das ausgiebige, längerfristige Lachen ist auch zentraler Punkt beim Lachyoga beziehungsweise bei den vielen Lachclubs, die sich in den letzten Jahren auf der ganzen Welt etabliert haben. Diese Lachform nimmt also eine Mittelstellung zwischen Alltagslachen und therapeutischem Lachen ein und will gezielt die entspannende, Stress abbauende und Gesundheit fördernde Funktion des Lachens nutzen. Die Idee dazu stammt von Yogalehrer Dr. Madan Kataria aus Mumbai; er fing 1995 mit Lachtreffen in öffentlichen Parks an. Da Humor sehr individuell ist, jeder Mensch also andere Gegebenheiten lustig findet, beruhen die Lachübungen nicht auf Witzen, sondern auf Yoga-ähnlichen Atemübungen. Denn das stoßartige Atmen als Charakteristikum des Lachens ist bei allen Menschen gleich.

Die Lachclubs machen sich außerdem auch die Ansteckungskraft des Lachens zunutze. „Künstliches, gewolltes, gespieltes Lachen ist bei den Lachübungen der bewusste Einstieg, um das natürliche Lachen hervorzulocken, das in jedem lebt“, erklärt Lachtrainerin Rauch. „Nach gewisser Zeit kippt dann das künstliche Lachen unvermittelt in herzliches, echtes Lachen.“ Das hat sich bei ihren Lachtreffen immer wieder bestätigt. Gerade diejenigen, die zum ersten Mal an einem Treffen teilnehmen, davon etwas peinlich berührt sind und anfangs eher nervös kichern, bekommen im Laufe der Sitzung oft einen richtigen Lachkrampf.

Die ungezwungene Atmosphäre des Lachclubs hilft dabei, sich zu entspannen und sich einfach einmal gehen zu lassen. Was in Alltagssituationen verpönt ist, ist das Ziel beim Lachyoga: die Beherrschung zu verlieren. „Lachen ist ein Sieg des Körpers über den Verstand. Das kann so weit gehen, dass wir vor Lachen weinen oder uns sogar in die Hose machen“, bringt es Michael Titze auf den Punkt.

Erwachsene werden durch das Lachen wieder zu Kindern und besinnen sich ganz auf ihren Körper zurück. Gerade weil man dabei den Kopf ausschaltet, ist Lachen so herrlich entspannend. „Eine Minute Lachen hat denselben Effekt wie 45 Minuten Entspannungstraining“, wird oft behauptet. Dabei handelt es sich nun allerdings wirklich nicht um das neueste gelotologische Forschungsergebnis, sondern nur um eine gern zitierte Floskel.

Doch dem deutschen Volk wird ja schon immer nachgesagt, den Ernst des Lebens wortwörtlich zu nehmen. Daher sollten wir alle ab und an mal ausspannen und genüsslich lachen. Ob allein daheim vor dem Comedykanal oder mit einem witzigen Buch, ob mit Kollegen beim Feierabendbier, oder ob beim regelmäßigen Treffen im Lachclub: Lachen macht Spaß! Lachen macht glücklich! Und Lachen macht sogar gesund! Pfeil


Mehr Infos zum Lachen:

Homepage des Vereins HumorCareDeutschland:
www.humorcare.com

Homepage der Lachtrainerin Anne Rauch:
www.lachen-befreit.de

Buchtipp:
Norman Cousins: Der Arzt in uns selbst. Wie Sie ihre Selbstheilungskräfte aktivieren können. Rowohlt Verlag.
ISBN: 3499193078


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