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Meldungen Denken
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Neue Hoffnung für
Legastheniker
Tägliches
Hörtraining mit Hilfe eines
Computerprogramms könnte in Zukunft helfen, die
Lese-Rechtschreib-Schwäche
Legasthenie bei Kindern frühzeitig zu erkennen und zu
behandeln. Dies fand eine
Wissenschaftlergruppe rund um Nadine Gaab von der Kinderklinik Boston
in einer
Studie heraus. Dazu wertete Gaab die Ergebnisse der Versuche mit
insgesamt 45
Kindern aus, von denen etwa die Hälfte von Legasthenie
betroffen war. Das
Hörtraining führt nach Angaben Gaabs zu einer
veränderten Gehirnaktivität, was
bei den Betroffenen ein besseres Verständnis von Sprache
ermöglicht und somit
die Lese- und Schreibfähigkeit fördert.
Deutschlandweit sind rund fünf
Millionen Menschen von Legasthenie betroffen. Hannah
Birke
Wörter lenken die
Aufmerksamkeit
Wörter wie Hut oder Pfütze
erzeugen
nicht nur ein Bild vor dem inneren Auge. Sie helfen dem Gehirn auch bei der
Navigation im Raum. Davon berichtet ein Team aus britischen und
amerikanischen
Psychologen um Zachary Estes von der Universität von Warwick
in der
Fachzeitschrift „Psychological Science“. Wer etwa
das Wort Hut hört, richtet
seine Aufmerksamkeit automatisch nach oben. Bekannt war dieser Effekt
bereits
bei richtungweisenden Wörtern wie rechts oder links. Die
Psychologen fanden nun
heraus, dass dies auch auf Wörter zutrifft, die lediglich eine
typische
Position im Raum einnehmen. Sie ließen knapp 140 Freiwillige
Wörter an einem
Monitor lesen. Anschließend erzeugten sie oben oder unten ein
X oder ein O.
Hatten die Probanden „Hut“ gelesen, brauchten sie
für die Erkennung eines X am
oberen Bildschirmrand länger als wenn es am unteren
auftauchte. Daraus
folgerten Estes und sein Team, dass ein unerwarteter Gegenstand, der an
einer fokussierten
Stelle auftaucht, verzögert erkannt wird. Das geistige Bild,
in diesem Fall der
Hut, muss zuerst gelöscht werden. Dieser Mechanismus bringt auch
Vorteile. Wäre am oberen Bildschirmrand tatsächlich
ein Hut aufgetaucht, hätten
die verschobene Wahrnehmung und das geistige Bild die Erkennung
beschleunigt,
erklären die Forscher. Christine
Luz
Hören, um zu sehen
Dass
Hören und Sehen nicht in
getrennten Hirnbereichen verarbeitet werden, wie lange Zeit angenommen,
sondern
im Gegenteil eng miteinander verknüpft sind, konnte das
Forscherteam um Eric
Smith von der Northwestern University (USA) zeigen. In ihrer Studie
sollten 276
Versuchspersonen ihnen gezeigte Gesichter als männlich oder
weiblich einstufen.
Die Geschlechtsbestimmung war kompliziert, da es sich um
computergenerierte
Bilder mit sowohl männlichen als auch weiblichen Merkmalen
handelte. Gleichzeitig
mit dem Bild wurde entweder ein hoher oder ein tiefer Ton vorgespielt.
Es
zeigte sich, dass das Gesicht bei einem hohen Ton als weiblich, bei
einem
tiefen Ton als männlich bezeichnet wurde. Der Ton für
sich allein konnte
dagegen nicht einem Geschlecht zugeordnet werden. Sehen und
Hören zusammen ließ
die Versuchspersonen also eine Entscheidung treffen, die sie nur mit
einem der
beiden Sinne nicht fällen konnten.
Mareike
Schwab
Genetisches Lernprogramm
entschlüsselt
Die
Fähigkeit, aus Fehlern zu
lernen, ist nicht Jedem in gleichem Maße gegeben. Leipziger
Wissenschaftler um
Markus Ullsperger haben herausgefunden, dass bestimmte Personen bei
Reaktionstests unsicherer sind, aus negativem Feedback weniger
Lernerfolg
ziehen und weniger Gehirnaktivität zeigen. Dafür
verantwortlich ist die
Genvariante Dopamin A1, mit der eine geringere Rezeptordichte
einhergeht. Durch
den Vergleich mit den Ergebnissen funktioneller
Magnetresonanztomografie
konnten die Forscher vom Max-Planck-Institut für Kognitions-
und
Neurowissenschaften nachweisen, dass der Botenstoff Dopamin
entscheidend an der
Handlungsüberwachung und am Lernverhalten beteiligt ist. Aus
den Erkenntnissen
könnten künftig Rückschlüsse auf
neurobiologische Grundlagen von Süchten und
selbstschädigendem Verhalten gezogen werden, betonten die
Wissenschaftler
anlässlich der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse in
der Zeitschrift „Science“
(7. Dezember 2007). Sara
Bangert
Mentaler Fingerabdruck
Wissenschaftler um Dimitrios Tzovaras vom Zentrum
für Forschung und Technologie in Thessaloniki behaupten, dass
sich Hirnströme wie ein Fingerabdruck als biometrische Daten
verwenden lassen. Die Wissenschaftler entwickelten eine spezielle
Software, die die Identität eines Menschen bereits mit einer
Genauigkeit von 88 Prozent bestätigen kann. Die von den
Wissenschaftlern des europäischen Forschungsprojekts HUMABIO
ebenfalls entwickelte Hardware besteht aus einer Mütze mit
Elektroden, die ein Elektroenzephalogramm (EEG) eines Probanden
drahtlos an einen Computer übermittelt. Während der
Aufzeichnung muss der Proband bei geschlossenen Augen Denkaufgaben
lösen. Der Computer vergleicht die gemessenen Daten dann mit
früheren Aufnahmen. Indem er die typischen Muster der
Hirnströme eines Menschen erkennt, kann er mit hoher
Sicherheit sagen, ob es sich um denselben Menschen handelt. Kritiker
zweifeln jedoch an der Praxistauglichkeit des Verfahrens, da sich das
EEG unter Stress extrem verändern kann. Alessa Brochhagen
Spinnefeind?
Foto: Uni Jena
In einem auf zwei Jahre angelegten Projekt wollen
Wissenschaftler an der Universität Jena nun die Angst vor
Spinnen – Arachnophobia – näher
untersuchen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang H. R. Miltner
wenden sich die Forscher dabei vor allem an Frauen, denn die machen den
größten Teil der Arachnophobiker aus. Neben dem
Ausfüllen eines Fragebogens erwartet die Probandinnen eine
Kernspintomographie oder eine Elektroencephalographie (EEG). Und nicht
zuletzt natürlich auch die Begegnung mit kleinen und
größeren Spinnenarten, allen voran die hauseigene
Vogelspinne Karla (Foto). Im Rahmen der Versuchsreihe soll so die
Verarbeitung von als gefährlich eingestuften Reizen im Gehirn
gemessen werden. Ein angenehmer Nebeneffekt für Probandinnen
mit ausgeprägter Spinnenphobie: Sie erhalten im Anschluss eine
kostenfreie Therapie. Da es sich hierbei um eine sogenannte
Konfrontationstherapie handelt, ist das einzige Medikament die Spinne
selbst. Im Laufe der Therapie sollen die Probandinnen ihr nicht nur
Auge um Auge gegenüberstehen, sondern sie sogar in die Hand
nehmen. Die Heilungschancen sind in diesem Falle ausgesprochen hoch;
meistens tritt schon nach drei Tagen eine entscheidende Besserung ein.
So wird manche Versuchsperson zwar sicherlich nicht zur Spinnenfreundin
werden, aber doch zumindest die körperliche Nähe der
kleinen haarigen Tiere ertragen können. Ulrike Küchler
Wer sich für die Teilnahme an der Studie interessiert, findet
auf der Internetseite des Forschersteams
nähere Informationen.
Komplizierte Sprachen
In der Sprache der Chintang im südlichen Nepal
können Wortteile frei verschoben werden, ohne dass sich die
Bedeutung des Wortes ändert. "Das ist so, als ob man im
Deutschen anstatt 'du beauftragtest' auch mal sagen würde 'du
betragtaufest' oder 'du aufbetragtest'“, so Professor Dr.
Balthasar Bickel vom Institut für Linguistik der
Universität Leipzig. In einem Team deutscher und nepalesischer
Forscher untersucht er die Sprachen der Volksgruppen der Chintang und
Puma, die nicht in Schriftform existieren und nur noch von wenigen
Tausend Menschen gesprochen werden. Sie drohen durch die
Nationalsprache Nepali verdrängt zu werden. Die Entdeckung der
freien Verschiebbarkeit von Silben stößt in der
Fachwelt auf Erstaunen. Bisher war man davon ausgegangen, dass dies die
Kognitionsfähigkeit der Menschen überschreite und in
keiner Sprache möglich sei. Die untersuchten Sprachen weisen
außerdem eine außergewöhnlich
große Formenvielfalt auf: Anstatt vier Fälle wie im
Deutschen besitzt die Sprache der Puma 13 Fälle, und
für jedes Verb gibt es fast Tausend verschiedene Varianten, da
Zahlenangaben, Verneinung oder Bejahung, die Richtung einer Handlung
und weitere Informationen mit angegeben werden. Um herauszufinden,
wodurch die äußerst komplexen Sprachen
gefährdet sind, untersuchen die Forscher, wie sie an die
Kinder weitergegeben werden und was ihr Erlernen beeinflusst oder
verhindert. Celia
Eisele
Warum Lachen ansteckend ist
Britische Forscher haben herausgefunden, dass schon das
Geräusch lachender Menschen das Gehirn veranlasst, die
Gesichtsmuskeln automatisch aufs Mitlachen vorzubereiten. Die
Wissenschaftler fanden dies bei Experimenten an Freiwilligen heraus.
Das untersuchte Areal der Hirnrinde ist für die Planung von
Bewegungsabläufen zuständig. Dort gibt es so genannte
Spiegelneuronen, die aktiviert werden, wenn jemand eine bestimmte
Bewegung an einem anderen Menschen beobachtet. Offensichtlich
funktioniert das nicht nur beim Sehen, sondern auch beim
Hören. Die Forscher analysierten die Aktivitäten in
der Hirnrinde mithilfe eines funktionellen Magnetresonanztomographen.
Dieser macht Stoffwechselvorgänge sichtbar, die bei
Aktivitäten im Gehirn entstehen. Leonie Kuhn