Berufe mit Zukunft (1):
Die mit dem Hund tanzt
von Leonie Kuhn
Nicole Kammerer ist Tiertrainerin. Sie bringt Hunden nicht nur „Sitz“ und „Platz“ bei, sondern auch das Tanzen. Bei Harald Schmidt war sie auch schon.
Der einjährige Bordercollie sitzt brav angeleint
neben seinem Frauchen. Gerade eben noch durfte er mit seinen Kameraden
aus der Hundeschule spielen. Jetzt beginnt aber das Training mit der
Clicker-Methode.
Für ihn ist dies das erste Training mit dieser Methode.
Plötzlich macht es „klick“, und er bekommt
von Frauchen ein Leckerle. Einfach so. Nach wenigen Klicks mit darauf
folgender Belohnung begreift der junge Bordercollie, dass auf dieses
„klick“ immer ein Leckerle folgt. Er wird jetzt
nach jedem Klick, das sein Frauchen mit dem Clicker macht, gespannt auf
eine Belohnung warten. Er ist innerhalb von wenigen Minuten darauf
konditioniert worden.
Nicole Kammerer ist Ausbildungsleiterin der Tübinger
Hundeschule. Sie ist Tiertrainerin und Tierpsychologin und übt
diesen Beruf jetzt schon seit elf Jahren aus. Eigentlich hat sie
katholische Theologie und Sportwissenschaft an der Universität
Tübingen studiert, hat sich aber dann doch entschieden, eine
Ausbildung zur Tierpsychologin und zur Tierheilpraktikerin in der
Schweiz zu machen. Dort absolvierte sie unter anderem viele Praktika in
verschiedenen Hundeschulen. Privat trainiert sie schon immer sehr viel
auf dem Hundeplatz und entschloss sich deshalb noch während
des Tierpsychologiestudiums, später eine eigene Hundeschule
aufzumachen.
Tübinger Tiertrainerin Nicole Kammerer.
Foto: Kuhn
Zu ihrem Beruf meint die Tiertrainerin: „Am besten gefällt mir, dass ich hier Menschen ein besseres Verständnis für Tiere vermitteln kann. Damit verhelfe ich Tieren und Menschen zu einem harmonischeren Miteinander – und nicht zuletzt den Tieren zu einem artgemäßen Leben.“
Stressfrei lernen in der Hundeschule
Bis zur Eröffnung ihrer eigenen Hundeschule war
Nicole Kammerer mehrere Jahre Übungsleiterin im
örtlichen Hundesportverein und hat mehrjährige
Erfahrung im Schutzhundesport gesammelt. Sie arbeitet weiterhin aktiv
im örtlichen Tierschutz und ist Fachtrainerin für
Problemhunde. Die Clicker-Methode wendet sie bereits seit drei Jahren
erfolgreich an.
Das Trainer-Team der Tübinger Hundeschule benutzt in seinem
Training nur Methoden, die durch Belohnung etwas beibringen. Die
Clicker-Methode gehört dazu, da sie für den Hund
stressfrei ist. Negative Methoden, die Bestrafung und Tadel beinhalten,
werden keinesfalls angewandt. Das Klickgeräusch ist einmalig,
klar und kurz und ist dadurch das effektivste Geräusch
für das Training von Tieren. Das genaue Timing des Klicks,
verbunden mit diesem unverkennbaren Geräusch und den in
kleinen Schritten aufgebauten Übungen erleichtern dem Hund das
Lernen sehr.
Zur Belohnung gibt es Leckerle
Die Anforderungen im Training werden immer nur in kleinen
Schritten gesteigert, damit der Hund sie stets erfüllen kann
und nicht überfordert wird, denn Überforderung
könnte zu Frustration führen und wäre
kontraproduktiv. Das Clickertraining vermittelt dem Hund ununterbrochen
viele kleine Erfolgserlebnisse, da er bei jedem Klick eine Belohnung
bekommt. Dies steigert die Motivation des Hundes beim Lernen.
Die zwei wichtigsten Dinge, die man für das Clickertraining
braucht, sind ein Clicker und viele Leckerle. Wenn ein Hundebesitzer
anfangen möchte, die Clicker-Methode bei seinem Hund
anzuwenden, muss er zunächst den Hund auf das
Klickgeräusch konditionieren. Das heißt: Nach jedem
Klick erfolgt sofort eine Belohnung. Dies wiederholt man zehn bis 15
Mal, nicht öfter. Anschließend wartet man auf eine
kurze Unaufmerksamkeit des Hundes und klickt dann wieder. Das erste
kleine Ziel ist erreicht, wenn der Hund darauf sofort reagiert, indem
er seinen Besitzer anschaut und ein Leckerle erwartet. Das bedeutet,
dass er jetzt das Klicken mit einer Belohnung verbindet.
Am besten wiederholt man diese erste kleine Übung zwei bis
drei Mal am Tag, mehrere Tage hintereinander, damit es sich beim Hund
festigt. Sobald das Tier jedes Mal auf das Klicken reagiert, kann mit
dem Clickertraining fortgefahren werden. Wichtig dabei ist es, in
kleinen Schritten zu arbeiten. Zum Beispiel kann man jedes Mal klicken,
wenn dieser zufällig wegschaut. Der Hund wird immer
häufiger wegschauen, weil er gemerkt hat, dass es dann ein
Leckerle gibt. Wichtig ist, dass auf jedes Klick immer sofort eine
Belohnung folgt!
Während der Übung benutzt der Besitzer nie die
Stimme. Es sind keine Kommandos nötig, denn der Hund soll von
sich aus ein Verhalten anbieten. Belohnt wird er mit einem Klick und
einem Leckerle, wenn er zufällig das macht, was Sie wollen. Er
wird das schnell begreifen und das gewünschte Verhalten immer
wieder wiederholen.
Hund in die Box – (k)ein Kunststück
Anschließend geht man einen kleinen Schritt weiter.
Jetzt wird nicht mehr für das “alte
Verhalten“ belohnt, sondern für ein neues richtiges
Verhalten, das der Hund anbietet. Dieses Clickertraining kann man
beliebig ausweiten und dem Hund damit verschiedenste
Kunststücke beibringen oder ein bestimmtes Verhalten
antrainieren.
Ein Hundebesitzer braucht etwa eine halbe Stunde, um zu lernen, wie man
die Clicker-Methode richtig anwendet. Ein Hund braucht nur etwa
fünf Minuten, um zu begreifen, dass ein Klick immer bedeutet,
dass er für das Verhalten belohnt wird, das er gerade gezeigt
hat.
Es ist möglich, schon sehr früh mit dem
Clickertraining anzufangen. Bei jungen Hunden eignet sich dieses
Training schon zum Beibringen von leichten Kommandos, wie
„Sitz“ und „Platz“ und
natürlich bei jedem weiteren Befehl oder Kunststück.
Die Sheltiehündin Vivien weiß ganz genau, was das
’klick’ bedeutet. Frauchen Nicole Kammerer hat
schon oft mit ihr das Clickertraining gemacht. Vor Vivien steht eine
leere Box. Aus reiner Neugier steckt sie ihre Nase rein und da macht es
schon ’klick’. Eine Belohnung folgt. Eifrig bietet
Vivien ein anderes Verhalten an. Sie setzt eine Pfote auf den Rand der
Box und da macht es wieder ’klick’ und sie bekommt
ein Leckerle von Frauchen. Sie setzt ihre Pfote erneut auf den Rand,
aber es folgt kein Klickgeräusch.
Vivien probiert etwas anderes, stellt sich mit beiden Vorderbeinen in
die Box und sofort macht es ’klick’. Die Belohnung
darf natürlich nicht fehlen. Nach ein paar weiteren Versuchen
mit dem gleichen Verhalten, auf das aber kein
’klick’ folgt, hüpft Vivien ganz in die
Box. Sie wird überschwänglich belohnt. Dieses Mal hat
sie wieder ein richtiges Verhalten angeboten und ist gleichzeitig am
Ziel der heutigen Trainingseinheit angekommen. Ihr Frauchen wollte
nämlich erreichen, dass Vivien von alleine, ohne irgendwelche
Befehle, in die Box steigt. Dieses Kunststück hat sich Nicole
Kammerer ausgedacht. Sie möchte ihren Hund immer wieder vor
neue Aufgaben stellen, und die heutige Aufgabe für Vivien war,
in die Box zu hüpfen.
Im Moment macht Nicole Kammerer das Clickertraining nur mit Hunden. Sie
möchte dieses Training jedoch vielleicht auf Katzen ausweiten,
denn die Methode kann durchaus auf alle Säugetiere angewendet
werden. In der Stuttgarter Wilhelma zum Beispiel wird die Methode von
den Pflegern sehr häufig angewandt.
Fernsehstars Vivien und Scarlett
Vivien, der Stolz der Trainerin.
Foto: Kuhn
Vivien ist in Agility und Dogdance ausgebildet. Agility
bedeutet, dass der Hund möglichst schnell und ohne Fehler
einen Parcour bewältigen soll. Dabei läuft der
Hundebesitzer nebenher und zeigt den Weg. Beim Dogdance tanzen Hund und
Besitzer miteinander zur Musik. Darüber hinaus ist Vivien als
Kinderbesuchshund geeignet. Zusammen mit Nicole Kammerer besucht sie
Schulen, Kindergärten und Kindereinrichtungen, um dort
Übungen mit den Kindern zu machen. Die Kinder sollen ihre
Angst abbauen und den richtigen Umgang mit Hunden lernen.
Neben Vivien besitzt Nicole Kammerer auch die
Bordercolliehündin Scarlett, die genauso ausgebildet ist wie
die Sheltiehündin und zusätzlich Suchhund ist. Mit
diesen beiden Hündinnen hatte Nicole Kammerer schon zahlreiche
TV Auftritte, sie waren zum Beispiel vor kurzem in der
Harald-Schmidt-Show.
Diese Auftritte gehören auch zu ihrem Beruf als Tiertrainerin:
Jedes Mal, wenn sich ein neuer Trend entwickelt, werden Tiertrainer
angefordert, um ihn im Fernsehen vorzuführen. Dogdance ist
natürlich besonders show-geeignet: Der Hundebesitzer macht im
Takt ein paar Schritte und der Hund läuft gleichzeitig bei
jedem Schritt zwischen den Beinen hindurch. Es sind
fließende, harmonische Bewegungen zwischen Hund und Mensch.
Nicole Kammerer schätzt, dass demnächst Hunde-Frisbee
zu einem neuen Trend wird. Dabei fangen die Hunde vom Menschen
geworfene Frisbees in der Luft.
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