Berufe mit Zukunft (4):

Der alle zum Lachen bringt

von Ulrike Küchler

Robert W. L. Butt ist Trainer in einer seltsamen Sportart: Lachyoga. Das kommt aus Indien und sorgt auch in deutschen Städten für Entspannung und Heiterkeit.

„Das Lachen unterscheidet Mensch und Tier. Denn man erkennt den Menschen stets daran, dass er zur rechten Stunde lachen kann.“ Die Worte des alten Herrn Rickert in James´ Krüss bekannten Roman Timm Thaler oder das verkaufte Lachen sind weise. Aber wie das mit Weisheiten so ist, leider nicht mehr für jedermann selbstverständlich. Wir verlernen vor lauter Alltagssorgen mehr und mehr das Lachen. Und so gibt es heutzutage Menschen, die es sich in ihrem Beruf zur Aufgabe gemacht haben, die Menschen wieder das Lachen zu lehren.

Robert W. L. Butt ist ausgebildeter Lachyogatrainer in Hamburg und er meint es ernst, wenn er sagt: „Lachen als Beruf ist nicht das leichteste“. Das liegt in erster Linie wohl daran, dass er hauptsächlich mit gestressten Menschen zu tun hat, eben gerade solchen, die zu selten lachen oder das Lachen ganz verlernt haben.

High sein ohne Drogen

Inzwischen ist wissenschaftlich bewiesen, dass Lachen eine der besten Stressabbaumöglichkeiten bietet, und dies ganz ohne die Einnahme von fragwürdigen Substanzen. Wenn wir lachen, fühlen wir uns laut Butt einfach besser, „da kann man richtig high sein“. Das liegt unter anderem daran, dass die Sauerstoffaufnahme erhöht wird, Endorphine ausgeschüttet werden und das Herz schneller schlägt als im Ruhezustand. Daher haben ein bis zwei Minuten Lachen in etwa denselben Effekt wie zehn Minuten Joggen.

Also wenden sich gestresste Manager und Professoren, coole junge Teenies und schwerkranke Menschen, aber auch Herr und Frau Ottonormalverbraucher an Herrn Butt, um das Lachen zu lernen. Denn: „Das Problem ist: Viele Leute, besonders mit zunehmendem Alter, lachen eigentlich nicht genug.“


Lachtrainer
Lachtrainer Robert W. L. Butt.
Foto: www.lachyoga.de

„Fake it, fake it, till you make it“

Das Besondere am Lachyoga ist, dass es nicht in Einzelsitzungen durchgeführt wird, sondern ausschließlich in der Gruppe. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund: Gemeinsam mit anderen lacht der Mensch bis zu dreißigmal mehr, als wenn er alleine ist. Diese Erfahrung hat sicherlich schon jeder einmal gemacht: „Wenn man allein einen witzigen Film anschaut ist das nicht halb so witzig, als wenn man ihn mit ein paar Freunden oder Bekannten anschaut“, so Butt.

Die Gruppen bestehen meist aus acht bis 20 Teilnehmern. Natürlich stellt sich das Lachen zu Beginn eines Workshops nicht automatisch ein. Dies ist auch gar nicht nötig, denn der Lachtrainer, ein in Pakistan geborener Engländer, geht nach einem simplen, aber wirkungsvollen Prinzip vor: „Fake it, fake it, till you make it.“ Das bedeutet: Aus einem gespielten Lachen wird irgendwann ein echtes Lachen. Der Clou dabei ist, dass schon das gespielte Lachen einen ähnlichen Effekt im Körper erzeugt wie das echte Lachen.

„Ho – Ho – hahaha“

Butt beginnt seine Lachworkshops daher zunächst mit einer lockernden Aufwärmübung: Die Teilnehmer klatschen rhythmisch mit den Händen und rufen dazu laut „Ho – Ho – hahaha“. Die Klatschbewegung soll dabei zum einen die Lachlaute unterstützen. Andererseits werden beim Klatschen Akkupressurpunkte aktiviert. Für viele, die einen solchen Workshop zum ersten Mal besuchen, ist diese Übung sehr ungewohnt und kostet einige Überwindung, denn anfangs fühlt man sich noch nicht unbedingt in der Stimmung zu lachen.

Lachen
Lachen steckt an, wie man sieht.
Foto: www.lachyoga.de
Hier macht sich der Lachtrainer die Gruppendynamik zunutze: Ein neuer Teilnehmer springt eher über den eigenen Schatten, wenn er sieht, dass auch andere die Übung ohne Hemmungen durchführen, als wenn er sie alleine machen müsste. Anschließend kommen Spiele und schauspielerische Übungen hinzu.

Auch hier müssen die Teilnehmer innere Barrieren überwinden, denn diese spielerischen Übungen dienen dazu, sie wieder das Kind in sich entdecken zu lassen – frei nach Erich Kästner: „Erwachsene sind nur langgezogene Kinder“. Die Übungen kommen aus der ganzen Welt; Lachmeditationen gehören ebenso dazu wie sogenannte Stehlachübungen.

Lachen in jeder Lebenslage

Für die Lachmeditation legen sich die Teilnehmer in einer bequemen Lage auf den Boden und beginnen mit einer Lachübung. Auch hier greift die Methode des „Fake it, fake it, till you make it“; denn schon nach kurzer Zeit geht das gespielte Lachen meist in ein echtes Gekicher und Lachen über und nicht selten kann der eine oder andere Teilnehmer, wenn er einmal damit begonnen hat, nicht mehr aufhören. Lachzwang besteht bei Butt jedoch nicht. „Wenn einer einfach daliegt und ihm nicht danach ist zu lachen, kann er auch stille schmunzeln und die anderen wahrnehmen, wie die lachen.“ Das Besondere an der Lachmediation ist, dass sie sich auf den Moment konzentriert – Zukunft und Vergangenheit werden unwichtig. Für Butt ist daher sogar das „Lachen selbst im Prinzip eine Meditation für sich.“

Ein Beispiel für eine Stehlachübung ist das Shake-hand-Lachen, also eine Art Begrüßungslachen. Dafür sucht sich jeder Teilnehmer einen Partner, beide schütteln einander die Hände und rufen dazu ein „hahahahahahaha“. Da bleiben die Hemmungen natürlich nicht aus. Butt macht diese Erfahrung immer wieder, aber: „Der Witz dabei ist: Durch die Verlegenheit, Peinlichkeit, das Komischsein, dieses Mein-Gott-was-tue-ich-denn-hier-Gefühl entsteht automatisch ein echtes Gekicher.“

Lachen mit Hindernissen

Manchmal jedoch wird das Prinzip des „Fake it, fake it, till you make it“ trotzdem auf eine harte Probe gestellt. Da das Lachen ja bekanntlich im Bauch zuhause ist, geschieht dies häufig mit Teilnehmern, die von Haus aus Kopfmenschen sind: „Zwei oder fünf oder zehn von denen in einer kleinen Gruppe: Da ist es sehr schwierig, sie aus dem Geist in den Körper zu kriegen.“ Aber auch soziale Konventionen können die Hemmungen, frei zu lachen, scheinbar unüberwindlich groß werden lassen. Kein Wunder, dass Professoren, Manager und ehrgeizige Intellektuelle für einen Lachtrainer die schwierigsten Workshopteilnehmer sind.

Eine Herausforderung war für Robert Butt auch ein Workshop mit einer Gruppe Teenager. Die ganze Gruppe stellte sich zunächst gegen ihn – und blieb ernst. „Die jungen Leute kamen sich unglaublich cool vor.“ Es widersprach ihrer Coolness wohl zutiefst, alle Hemmungen fallen zu lassen. Glücklicherweise fand Butt schon bald heraus, wer der heimliche Anführer der Teenagergruppe war. Solange der sich zu cool zum Lachen und Klatschen war, würden es die anderen auch sein. Butt wusste: „Wenn ich den knacke, machen die anderen auch mit“. Also konzentrierte er sich zunächst auf den Jungen und konnte ihn tatsächlich zum Mitmachen animieren. Nun dauerte es nicht mehr lange, bis alle Jugendlichen mitklatschten und am Ende gemeinsam laut und frei heraus lachten.

In Dr. Katarias Lachschule

Robert W.L. Butt bietet nicht nur selbst Lachyogaworkshops an, er organisiert auch die sogenannten Lachleitertrainings, die der Erfinder des Lachyoga, Dr. Madan Kataria, einmal im Jahr in Hamburg durchführt. Hier kann sich, wer will, selbst zum Lachyogatrainer ausbilden lassen. Doch wie ist Butt eigentlich selbst dazu gekommen, sich das Lachen zum Beruf zu machen? Vor mehr als zehn Jahren las der Hamburger in der Zeitschrift „National Geographic“ einen längeren Bericht über Mumbai, die Finanzmetropole Indiens. Dort fiel ihm ein doppelseitiges Bild mit acht lachenden Männern am Strand bei Sonnenaufgang ins Auge. Laut Bildunterschrift handelte es sich um „Dr. Katarias laugh school“, die sich regelmäßig zum Lachen treffe. Butt war elektrisiert: „Ich habe gedacht: Genial! Ich fand das eine tolle Idee.“

Nach einem ersten Kontakt und viel ins Land gegangener Zeit reiste Butt 2001 nach Indien, um Dr. Kataria persönlich kennen zu lernen. Er vermutete hinter dem Lachyoga eine geschäftliche Idee, was sich bestätigte. In den kommenden Jahren versuchte der Engländer sie in Hamburg umzusetzen – mit einem gewissen Erfolg.

„Mir hat das Lachen selbst geholfen“

Trotzdem ist es bis heute schwierig, von der Tätigkeit als Lachtrainer allein zu leben. Bietet er seine Dienste Firmen an, sieht sich der Lachtrainer immer wieder mit Skepsis konfrontiert: „Es ist nicht so leicht, die Manager zu überzeugen, ihren Mitarbeitern einen Tag frei zu geben, nur um das Lachen zu lernen.“ Selbstzahler sind da oft aufgeschlossener, allerdings verdient Butt mit seinen Workshops für Privatpersonen gerade so viel, um seine laufenden unternehmerischen Kosten zu decken.

Doch alle strukturellen und finanziellen Probleme haben Butts Freude am Lachyoga nicht geschadet. Was sein eigenes Interesse für Lachyoga angeht, so sagt er heute: „Ich persönlich kam vielleicht eher instinktiv zum Lachyoga, denn ich litt unter leichten Depressionen, und ich merke schon, dagegen hat das auch geholfen.“ Und neben der eigenen täglich erlebten Freude am Leben ist das Schöne an diesem Beruf für ihn „diese Chance, bei einem anderen Menschen wieder Lebensfreude zu erwecken – es gelingt manchmal und gelingt manchmal nicht.“ Pfeil

Lesen Sie weiter: Berufe mit Zukunft (1) (2) (3)


Zum Weiterlachen:
Alles über Lachyoga in deutscher und englischer Sprache finden Sie auf der Website www.lachyoga.de.

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