Berufe mit Zukunft (2):
Der die Sonne anzapft
von Ulrike Küchler
„Solarteure sind Veränderer“, sagt Jörg Veit. Sie sind die Spezialisten für die billigste Energie, die es gibt: die von der Sonne. Davon werden wir in Zukunft mehr brauchen.
Montage von Solarzellen.
Foto: www.sez-stuttgart.de
Gerade in Zeiten, in denen allerorten die Rettung des Klimas
beschworen wird, werden regenerative Energien mehr und mehr zu einer
Alternative zu Kohle, Öl und Gas. Neben Windkraft erfreut sich
so auch die industrielle und private Nutzung von Sonnenenergie immer
größerer Beliebtheit. Trotzdem hat es der Solarteur
bis heute in Deutschland nicht zu einem anerkannten Ausbildungsberuf
gebracht.
Jörg Veit, seit vier Jahren Leiter des Solarenergiezentrums in
Stuttgart, will das ändern. Momentan kann Solarteur in
Deutschland nur werden, wer bereits eine technische Ausbildung hat, wie
beispielsweise der Heizungs- und Klimainstallateur (SHK), der
Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik oder
auch der Dachdecker oder Fassadenbauer. Denn: „Wir haben in
Deutschland den besonderen Umstand, dass wir ein Handwerksrecht haben
und dadurch sehr strenge Reglements.“
Veit strebt nun an, dass der Solarteur bundesweit mit dem Zusatz
Fachkraft für Solartechnik versehen wird.
Anschließend soll eine Prüfung der Handwerkskammer
durchgeführt werden, die es den Absolventen einer Solarschule
auch handwerksrechtlich ermöglicht, „hier im Rahmen
der Handwerksregularien tätig zu werden.“
Schließlich hat man ja einen Ruf zu verteidigen, denn
„der Solarteur ist eine europäische
Erfindung“, so Veit. So gibt es mittlerweile europaweit
zahlreiche Solarschulen, in Kanada und Palästina befinden sich
gleichartige Einrichtungen im Aufbau.
Die Solarteurschule
Ausbildung mit Telecoach.
Foto: www.sez-stuttgart.de
Stuttgart, Münster und München hatten in
Deutschland die Nase vorn: An diesen Standorten werden seit 1996
Solarteure ausgebildet. Inzwischen kann man aber auch unter anderem in
Nürnberg, in Prora auf Rügen und in Lengenfeld im
Vogtland Solarteur werden. Auch die Handwerkskammern bieten eine
Fortbildung zur Fachkraft für Solartechnik an, nur eben den
Beruf des Solarteurs gibt es noch nicht. Daher muss eine entsprechende
Grundausbildung bereits vorliegen.
Der Ausbildungsgang zum Solarteur beim Solarenergiezentrum Stuttgart
umfasst 250 Unterrichtseinheiten und ist sehr intermedial und
fortschrittlich gestaltet. Die Ausbilder stützen sich dabei,
so Veit, auf das sogenannte „blended
learning“-Konzept: „Blended learning
heißt für uns, dass wir 14-tägliche
Präsenzphasen haben: Freitags und samstags
Vollzeit.“ In der Zeit dazwischen haben die Teilnehmer die
Möglichkeit, den Lernstoff nach einem bestimmten Lehrplan
über ein entsprechendes Skript oder über eine
Lernplattform im Internet zu erlernen. Darüber hinaus werden
den Auszubildenden auch noch ein Tutor und ein Telecoach zur Seite
gestellt. „Der Telecoach ist die Klammer um das Ganze, die
Mutter der Nation, und der Tutor stellt die Fachlichkeit
dar“, umschreibt Veit deren Aufgabenbereiche.
Wenn sich also aus dem selbstständigen Lernen zuhause Fragen
ergeben, kann sich der Teilnehmer an den Tutor wenden.
Zusätzlich ist meistens mittwochs oder donnerstags zwischen
18.00 Uhr und 19.30 Uhr das sogenannte Online-Klassenzimmer
geöffnet. Daran kann prinzipiell jeder Auszubildende weltweit
teilnehmen. Das Online-Klassenzimmer ist eine Art Internetkonferenz,
„das heißt die Teilnehmer sind mit Sprache dabei,
sie können unsere Bilder empfangen, unsere Folien, es werden
Aufgaben gemacht und Fragen, die im Selbstlernen entstanden sind,
werden geklärt“ fasst Veit das Konzept zusammen.
Solarthermie, Photovoltaik, Wärmepumpe
Ein Solarteur ist nach abgeschlossener Ausbildung grundsätzlich für drei Arbeitsbereiche verantwortlich: die Solarthermie, die Photovoltaik und die Wärmepumpe. Der Bereich der Solarthermie stützt sich auf die Nutzung der einstrahlenden Sonnenenergie, die Photovoltaik konzentriert sich auf die Umwandlung dieser Wärmeenergie in elektrische Energie und die Wärmepumpe ist für den Transport der Wärme innerhalb eines Gebäudes zuständig. „Der Arbeitstag eines Solarteurs sieht dann so aus, dass er nach den Wünschen des Kunden eine sinnvolle Anlagentechnik einbaut und sich dabei auf diese wesentlichen drei Punkte stützt“, so Veit.
Solarteur im Einsatz.
Foto: www.sez-stuttgart.de
Je nach Gebäude und den Wünschen des Kunden
entwickelt der Solarteur zunächst ein Energiekonzept.
Aufbauend darauf ist er dann für die Durchführung des
Konzepts von Beginn an bis zur fertigen Solaranlage verantwortlich:
„Das heißt, er macht Teile der Planung, er macht
eine Projektierung, er macht die Montage, die Installation, die
Inbetriebnahme und die Wartung an diesen Anlagen.“ Dabei kann
es zu zahlreichen Schwierigkeiten und Herausforderungen kommen.
Beispielsweise, wenn bereits vorhandene Heizungstechnik mit
Solartechnik gekoppelt werden soll. Insbesondere große
Anlagen erfordern ein hohes Maß an Erfahrung.
So erinnert sich Veit an die Ausstattung der Münchener Messe
mit Photovoltaik durch einen Stuttgarter Solarteur: Hat ein Solarteur
einen solchen großen Auftrag bewältigt,
„dann ist das schon ein sehr beeindruckendes Erlebnis, wenn
man dann auf dem Dach steht und Hunderte von Quadratmetern Photovoltaik
sieht“.
„Klimaschutz geht alle an“
Trotz aller Herausforderungen hat der Beruf des Solarteurs
für Veit einen besonderen Reiz, denn „Solarteure
sind Veränderer.“ Für ihn ist der Solarteur
die Schnittstelle vom Reden zum Tun, indem er aktiv für die
Minimierung von CO2 in der Atmosphäre sorgt: „Andere
reden von Klimaschutz und die Solarteure tun Klimaschutz.“
So kämpft Veit auch immer wieder gegen Meinungsbekundungen von
Leuten, die in den steigenden CO2-Emissionswerten nur eine Panikmache
sehen. Er fordert ein Umdenken in der Bevölkerung; denn immer
noch gebe es Menschen, die sich in Sachen Klimaschutz zu sehr in
Sicherheit wiegen und eine eigene aktive Beteiligung für
unnötig halten. Für Veit jedoch ist die
Klimaerwärmung eindeutig menschengemacht.
„Eigentlich kann keiner mehr behaupten, dass es ihn nichts
angeht“.
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